Datenverkauf durch Bürgerämter – Nachbeben

Deutsche Daten Bürgeramt Verkauf Nachdem das Meldegesetz mit groben Änderungen am Gesetzentwurf bereits am 28. Juni beschlossen wurde, wenn auch scheinbar in Abwesenheit & Unkenntnis aller wichtigen Beteiligten, wie beispielsweise der Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner, rollen diverse Wellen des Protestes und der Distanzierung durch Medien, Internet & jegliche wichtigen Informations- bzw. Selbstdarstellungskanäle. Mit abnehmender Fußballseeligkeit sowie zunehmender Nüchternheit und aus dem allgemeinen EM-Taumel erwachenden, politisch interessierten Fussballfans formierte sich zunächst eine anschwellende Welle der Empörung über den zufällig während des Halbfinale – Deutschland vs. Italien “vor leeren Stuhlreihen und innerhalb von 57 Sekunden” (ARD) durchgewunkenen Gesetzesbeschluss. Kritik wurde insbesondere in der Internetcommunity laut. Wo auch sonst? Diese Minderheit versucht doch stets mittels Shitstorm der Masse ihre Meinung aufzuoktroyieren. Prompt meldeten sich Opposition sowie vor dem Volk für derartige Vorgänge Verantwortung tragende Personen zu Wort, wie jene bereits erwähnte Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner. Da wurde mit der bewährten Lieblingsfloskel von Kindergartenkind, Deutschen & Politik nicht gespart. Politiker_in hätte ja “von all dem nichts gewusst”. Doch wie die Staatsoberen, ihre ausführenden Organe und deren Helfershelfer_innen wie _außen ihren Schäfchen so gern bei minderschweren Vergehen ins Bewusstsein rufen: “Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.”
Besteht nicht für mündige Bürger_innen und selbst für deren repräsentative Vertretungen auf Landes- & Bundesebene so etwas wie Informationspflicht? Soll ja auch überhaupt kein Vorwurf sein, wir alle machen ja mal Fehler, die einen mehr die anderen weniger, wieder andere am laufenden Band und die nächsten regieren eben.
Schuldvorwürfe über unsaubere politische Methoden, versteckte Abstimmungsorte (wo war noch einmal dieser ominöse Bundestag?) und kleingedruckte, bösartig verknüpfte wie verklausulierte Gesetzesentwürfe – all diese kleinen Tricksereien, welche jene, den Lobbyisten näher stehenden gegen die anderen, welche zumindest nicht so gern in der Nähe jener Lobby-Vertreter gesehen werden, anwenden – da hat das Volk doch ein Einsehen. Nein, das ist jetzt ungerecht, es soll ja tatsächlich engagierte Menschen in der Politik geben, selbst innerhalb von Parteien. Ja, sogar in Parteien, die nicht ganz so toll & ehrlich sind (also alle außer dieser Partei :p)
Weitaus großartiger als die kleinlauten Leugner, wie unsere Verbraucherschutzministerin (wie auch immer sie noch hieß), sind jedoch die großspurigen Hardliner, welche tapfer dem Druck jener mehrheitigen Minderheit, in Form dieser suspekten Netzgemeinde entgegenwirken und Stellung beziehen. So wie – nein, diesmal nicht Ilse Aigner, sondern Hans-Peter Uhl. Herr Uhl, seines Zeichen innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Der CSU-Politiker versteht nämlich überhaupt nicht, was die ganze Aufregung um den Datenschutz soll. Behördlich organisierten Adresshandel rechtlich abzusegnen stellt CSU-Uhl im Deutschlandradio gar als verwaltungstechnische Notwendigkeit dar. Die armen Sachbearbeiter kommen sonst nämlich mit Vor-, Rück- & Nebenfragen nicht mehr hinterher.
Sehr gehaltvoll sind auch die Argumente, welche der Unions-Sprecher da ins argumentative Minen-Feld führt:

Die Daten-Massen der Werbewirtschaft können ja wohl kaum von den Einwohnermeldeämtern stammen, da diese dort jeden professionellen Adresshändler mit 10€ pro Adresse in die Pleite führen würden.

Dass so ein Datensatz, durch Firmen zu mehreren Personen gekauft, hier schon an Wert für den einzelnen Händler verliert, im Endeffekt durch einen vielfachen Wiederverkauf und in der Masse dennoch ein gutes Sümmchen abwerfen wird, kann man als CSU-Advokat der Werbe-Lobby getrost mal unter den Tisch fallen lassen.

Zudem kann man das Ganze auch getrost unter dem schon angeführten Motto “Unwissenheit schützt vor Strafe nicht sehen”. Die Menschen müssten ja schließlich wissen, dass sie mit der

Teilnahme an Preisausschreiben & Katalogbestellungen ihre Adressen freiwillig in die Hände der Werbefirmen geben

Damit verwirken sie aber nun eindeutig ihr Recht auf Widerspruch gegen eine Datenweitergabe! Mit der neuen Gesetzesregelung kann dann demnach, laut Hans-Peter Uhl, zurecht nicht mehr verhindern werden, dass die Adressen bis zum Tod aktualisiert und eventuell auch weiterverkauft werden. Tja selbst schuld, liebes Volk, was müsst ihr auch Dinge per Katalog bestellen? Auf ewig sollt ihr in der Werbehölle schmoren! Wenn ihr einem Versandhaus eure Daten anvertraut, haben ja wohl automatisch alle das recht für alle Ewigkeit auf dem neuesten Stand zu sein, was eure Adresse angeht. Verständlich.

Das Kräftemessen zwischen Innenministerium und Verbraucherschutzministerium geht dann mit der Bundesratssitzung Ende September in die nächste Runde. Hauptsache, die Frau Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner wird darüber auch rechtzeitig in Kenntnis gesetzt. Nicht dass die überlasteten Meldeämter dahinterstecken und einfach den Rundengong verstecken. Wer weiß das schon. Vielleicht haben ja auch findige Lobbyisten aus der Adresshändler-Mafia die ganzen Informationsmaterialen geklaut. Man kann ja nie wissen. Ihre Adresse werden sie ja sicher haben – oder kauft eine gut informierte Ministerin für Verbraucherschutz gar nicht im Internet oder per Katalog? Ohne das nötige Kleingeld für entsprechende Datensätze bin ich in dieser Hinsicht leider auf Spekulationen angewiesen.

4 Responses to 'Datenverkauf durch Bürgerämter – Nachbeben'

  1. Es ist ja alles nur für die vielen Abiturfeiern von ehemaligen Mitschülern…So schön, wie sich der Herr Uhl um das Abiturfeierwesen verdient macht. Herzerwärmend.

    • DillEmma says:

      Oh Schande! Auf diesen so herzigen zwischenmenschlichen Aspekt bin ich gar nicht weiter eingegangen. Wahrscheinlich ist das berühmt berüchtigte soziale Engagement der Christlichen Partei schon derart selbstverständlich, dass es gar keine besondere Würdigung mehr erfährt.
      Das tut mir aufrichtig leid. Ich danke dir für diese Ergänzung, so bleibt dieser wesentliche Faktor nicht unerwähnt :D

  2. hehe, da weiß man echt kaum noch, ob man lachen oder weinen soll.

    • DillEmma says:

      Ich freue mich ja, hier offiziell Betroffene lesen zu dürfen. Es darf natürlich auch gern Stellung zum Verstecken des Rundengongs bezogen werden, natürlich gegen die Herausgabe diverser Taschentücher :P

Hinterlasse einen Kommentar zu DillEmma Cancel reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

*