Shitstorm mit Panorama-Blick

Während eines Beitrag der letzten Sendung des Politik-Magazins Panorama geriet ich bereits ins Zweifeln. Bin ich paranoid oder gar extremistisch?
Thema war der “Shitstorm (oder wie das Merkel akzentuiert “Schit-Tschtorm”) im Internet und seine Auswirkungen auf die freie Meinungsäußerung von Politikern”.

Mal abgesehen davon, dass politische TV-Formate des öffentlich-rechtlichen Fernsehens nun generell nicht gerade berüchtigt sind für ihre parlamentarische Unabhängigkeit, prägt diesen Bericht eine derart undifferenzierte bis polemisierende Darstellung des sogenannten Shit-Storms, dass Bauchweh gegenüber dieser Art der Berichterstattung leider nicht ausblieb. Was mich an diesem Bericht so (ver)störte sind schlichtweg die wenigen konkret gesetzten Bezüge. Gegen Ende des TV-Beitrags fielen eher beiläufig einige Gruppen, welche sich tatsächlich eher, wohl aus Mangel an realen Argumenten, des “Stilmittel Shitstorm” bedienen, ohne ebenfalls der Gleichmacherei verfallen zu wollen. Dabei sind gerade diese eine präzisere Betrachtung wert.Da ist von “Islamfeinde, Schwulenhasser, Computerspiele-Fans und so weiter” die Rede. Ja, bei der Nennung jener ersten zwei Gruppen werden Lisa Normalverbraucher und ich doch nickend miteinstimmen. Doch wer versteckt sich denn hinter dem und so weiter? Ist etwa wirklich jegliche geballte Kritik in den Weiten des Internets gleich ein Fäkalsturm? Ein Angriff auf die Meinungsfreiheit, der unsere armen Politiker mundtot macht? Bei Weitem nicht! Auch wenn Medien & Politik das gern so abtun würden, hierfür zu solch einseitig Mitleid heischenden Fernseh-Beiträgen greifen.
Die Vermischung der Begrifflichkeiten, das Gleichsetzen von “Shitstorm” mit “Proteststurm” ist nicht nur inhaltlich falsch, sondern öffnet eben auch Scheunentor und Hintertür für eine gefährliche Generalisierung.

Homoehe Kirche

Den Panorama-Beitrag durchziehen immer wieder aus dem Off gesprochene Phrasen, Beleidigungen der niedersten Kategorien bishin zu Todesdrohungen und vor tatsächlicher Dummheit strotzender Kommentare, welche so tatsächlich als Resonanz zu bestimmten Reden auf den Internetpräsenzen einzelner Politiker zu finden waren. Derartig dümmliche Angriffe, sind natürlich einfach nur eins, nämlich entbehrlich. Man sollte sich zu solcherlei destruktiven Kommunikationsmustern natürlich nicht hinreißen lassen, auch wenn manch verzapfte Gülle der lieben Politiker noch so ärgerlich bis manchmal gar langfristig existenzbedrohend wirkt. Wenn diese Kommentare in Massen auftreten und einem unkonstruktive Scheiße schlicht um die Ohren fliegt, dann darf getrost von einem Shit-Storm gesprochen werden.
Ein Prachtexemplar von dämlicher Scheiße-Stürmerei kann im nebenstehenden Bild bewundert werden. Haltlos, einer freiheitlich-demokratischen oder gar humanen Grundlage entbehrend – jedoch nicht mit einem argumentativen Protest-Sturm gleichzusetzen. Diese Vermischung der Termini ist nichts als Gleichmacherei und entbehrt schlichtweg jeder argumentativen Grundlage. Das ist einfach nur falsch & gefährlich.

Eine allgemeine Verurteilung von Massenprotesten im Netz, wie sie mittlerweile auch beliebtes Mittel von nicht gefestigten Personenverbänden wie beispielsweise Anonymous sind, als Gefahr für die Demokratie darzustellen, entbehrt leider jeglicher Grundlage. Ein Großteil der Beiträge bei einem Protest-Sturm, der eben KEIN SHITSTORM ist, kommt ohne Beleidigungen, persönliche Angriffe oder gar Todesdrohungen aus. Überwiegend wird gar gehaltvoll wie konstruktiv kritisiert, richtig gestellt & diskutiert. Mancherorts werden sogar alternative Lösungsvorschläge aufgezeigt. Dass diese zutiefst demokratischen Beiträge in einer Masse von Beschimpfungen untergehen, habe ich bei derlei Aktionen noch nicht erlebt. Und dennoch folgte dem TV-Spektakel die Antwort aus den Printmedien auf dem Fuße. Da werden die Proteste zu Acta umgehend in der durch Panorama erweiterten Begrifflichkeit des Shitstorms noch einmal mit ganz anderen Augen betrachtet. Bravo. Im Land der Definitionen und Wortklaubereien wird eine derartige begriffliche Vermengung ja offenbar gern aufgegriffen, wenn der politische Kontrahent argumentativ gefährlich wird.

Da drängt sich fast schon die Frage auf, wer hier mundtot gemacht werden soll. Eine neue Art der virtuellen Protestkultur, um sich Machtansprüche zu sichern? Oder die armen Mächtigen, welchen ich durchaus zutrauen würde einen “echten Gülle-Tornado” von “gehaltvollem Protest” unterscheiden zu können. Demnach auch entweder kopfschüttelnd die angesprochenen Beleidigungen einfach abperlen zu lassen oder eben den genannten Argumente doch wenigstens den Respekt zu zollen, den sie in einer Demokratie haben sollten. Wirklichen mündigen Protest einfach kleinzureden und als “namenlose anynome Minderheit” abzutun, die sich einen Mehrheitsanspruch lediglich anmaßt, das ist vermessen & dumm – Verzeihung für dieses tendenzielle Abrutschen in windigen Stuhl. Dennoch fördert diese Einstellung, jenes Ohren & Augen verschließen lediglich Wut & Hilflosigkeit bei politisch interessierten wie ambitionierten Teilen der Bevölkerung. Gerade die Strategie “auf Durchzug zu schalten” könnte früher oder später selbst die ausdauernsten Idealisten verzweifeln und zum durchschnittlichen Shitstormer oder schlimmeren mutieren lassen. Das will doch auch keiner ….oder?

3 Responses to 'Shitstorm mit Panorama-Blick'

  1. bildesich says:

    shitstorm, aha, wieder wat jelernt wattet so jibbt uff die Welt, jut, ick kiek ja keen panorama, weil haste ja anjesprochen mitte öffentlich rechthaberischen, wat aber ooch sein jutet hat, weil, so hat ick Zeit woannerster zu lern, dat dit Bürjeramt janz offiziell unsre Daten an den Meistbietenden vakoofen kann, find ick jut, füllt die Haushaltskassen und Nepperfirmen brauchen sich nichmehr mit Spammails rum ärjern, spart n Haufen Uffwand und ick kann mir bei Facebook anmelden, weil Datenklau und -speicherei is ja nun staatlich jefördert und abjesegnet, amen

    • DillEmma says:

      Och da wird doch eh nur auf ne rechtliche Grundlage gestellt, wat eh schon Usus is, anders kann ich mir so manch namentliches Schreiben direkt nach einer amtlichen Ummeldung nicht erklären. Und wenn die meinen Einkaufsbeutel scannen können, warum auch immer das jemand machen wollen würde, außer um rauszufinden, dass ich als Werbeziel so ungeeignet bin wie die FDP zum Regieren, dann möcht ich lieber in heimeliger geistiger Umnachtung weiter meiner rosaroten Pfade des Unwissens, durch die Welt wandeln, was da sonst noch so drin sen könnte.

      Aber hier falls dir dieser Samstag-Abend auch so untauglich zum Hausverlassen scheint und zufällig die Grusel-Filme ausgegangen sind – dit is streckenweise sehr sehenswert …wozu noch Daten koofen?
      [youtube http://www.youtube.com/watch?v=BNMEMvOYHec&w=560&h=315

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  1. [...] in der Internetcommunity laut. Wo auch sonst? Diese Minderheit versucht doch stets mittels Shitstorm der Masse ihre Meinung aufzuoktroyieren. Prompt meldeten sich Opposition sowie vor dem Volk für [...]

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