Exzentrische Positionalität

LesenMal ehrlich, bisher verlief die EM 2012 doch wohl ziemlich Mau.
Kaum Überraschungen, die Spannung konnte bei fast allen Begegnungen in einer Kategorie zusammengefasst werden: “Mauerspiele sind Trauerspiele“.

Voller Erwartungen wird dem heutigen Abend entgegengehibbelt: “Griechischer Wein” oder “weinende Griechen” – “Deutscher [dieses Vorurteil möglichst englische Presse] Sieg” oder “Deutsche [jenes Vorurteil möglichst griechische Presse] Niederlage”

Gleich gehts los, daher kommen wir gleich zum Thema:

Ein Buch, bei dem du nur lachen kannst

Die Obligatorische Beschwerdeliste:
1. Ich lache nie
2. Die wenigen mir bekannten brüllend komischen Bücher hab ich schon im Projekt verfeuert
3. Das “nur” ist knifflig

Der dritte Punkt, nimmt dem zweiten immerhin seine Allgemeingültigkeit.
Es gibt diverse Bücher, bei denen ich nicht weiß, ob ich Lachen oder Heulen muss. Bei diesen Werken unterscheiden sich noch einmal glasklar zwei Kategorien:

Kategorie A
Strunzdummer Schwachfug, der eigentlich schon derartige Dämlichkeits-Dimensionen annimmt, dass er prinzipiell nur noch albern, dümmlich & eben lachhaft wäre, wenn dessen Verzapfung nicht immens wichtige politische Ebenen berührte und zudem bei einem anonymen Massenpublikum guten Absatz, Verbreitung und Anerkennung findet. Die Verbreitung derlei Botschaften stimmt mich daher schlichtweg furchtbar wütend bis unsagbar traurig.
Bekannte Beispiele:

Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken: Ganz natürliche Erklärungen für eigentlich unerklärliche Schwächen” Barbara und Allan Pease

“Das Eva-Prinzip. Für eine neue Weiblichkeit.” – Eva Hermann

Zwei ganz schauerliche Werke. Das erste kommt mit scheinbaren “Humor” daher – also zumindest auf dem Niveau, welches der Herr Mario Barth und so manch Möchtegern-Macho dafür hält. Wirklich schlimm wird es jedoch erst dann, wenn hinter diesem humoristischem Vorhang populärwissenschaftlich mit diversen unbelegten Theorien, bei welchen es sich vielmehr um unbelegte Totschlagargumente und gesellschaftlich verbreitete Vorurteils-Mythen handelt, um sich geworfen wird. Dabei wird mal eben so lockerflockig das ein oder andere Ressentiment breitgetreten, festgefahren und in unkritischen Köpfen als “wissenschaftlich” einzementiert. Durchsichtig aber ärgerlich.
Nunja und zu Frau Braun ….ähm ich mein Hermann! Jedenfalls zu Eva, da brauch man wohl kaum noch was sagen. Ist eh recht still geworden um die Autobahn-Huldigerin.

Kategorie B
Wahre wie rare Perlen. Selten lacht es sich wirklich schön ohne diesen Stachel der Realität, ohne die schmerzhafte Wirklichkeit, welche besonders schön bei wahrhaft guten Satirikern zum Tragen kommt und oft das besagte Lachen, ob der traurigen Wahrheit dahinter, im Halse stecken bleiben lässt. Also quasi sowas wie Hagen Rether, nur eben als Buch.

Die Nähe zweier scheinbar extrem entgegengesetzter Gemütszustände

Ich beantrage hiermit also, das “nur” aus dem Thema verbannen zu dürfen.
Die beiden von außen wahrnehmbaren Äußerungen der beiden grundlegenden sowie scheinbar entgegengesetzten Gefühle “Freude & Leid” in ihren verschiedenen Ausprägungen (Hass, Zorn, Trauer vs. so unzählbar vieles Positives) sind so unsagbar ähnlich. Der Philosoph, Helmuth Plessner hat dies in seinem Werk

“Lachen und Weinen. Eine Untersuchung nach den Grenzen des menschlichen Verhaltens”

formschönst aufgedröselt. In Kurzfassung mit reichlich Interpretationen meinerseits: Der Mensch besitzt eben diese Gabe seine Abgrenzung von der Umwelt selbst wahrzunehmen und damit auch auf sich selbst zu reflektieren. Das Ganze wiederum von einem Standpunkt ausserhalb des eigenen Ichs und eben doch zwangsläufig damit verankert. Der Mensch tritt also aus der Position seines eigenen Zentrums und kann darüber sinnieren (exzentrische Positionalität – mal eben billig im Vorbeihuschen). Abweichende oder überraschende Übereinschwingungen von Eindrücken der Selbst- & Fremdwahrnehmung diverser Standpunkte, werden mittels Lachen & Weinen förmlich verarbeitet und zurechtgeschüttelt.

Lachen und Weinen dienen dabei als Ventile um quasi diese Eindrücke zwischen “Innen und Außen”, “dem Selbst und der Umwelt” zu vereinigen, also irgendwie “auf die Reihe zu bekommen”. Find ich einen überaus plausiblen und schönen Ansatz. Erklärt für mich, wieso ich schon einmal in einer furchtbaren Schocksituation lauthals losgelacht habe, mich nicht einkriegen konnte, obwohl die Umstände keineswegs zum Lachen waren. Ich denke, bei genauerer Betrachtung der eigenen Lach- und Weinanlässe wird einem diese Ventilwirkung durchaus bewusst. Einen wunderbaren Schlüssel zum emotionalen Verständnis dieses Phänomens bietet dazu eben Satire ….wirklich gute Satire.

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