Grenzwertige Literatur

Lesen
Getreu dem Motto “Das Beste kommt zum Schluss” präsentiert Ihre Felligkeit zur vorerst vorletzten Bücherwoche ein eigens erdachtes Thema:

Ein Buch, das Du auch mit 10 XXL-Caipis intus oder für 100 Euro nicht lesen würdest

Es gibt ja doch so einige Bücher bei denen mensch sich wünscht, solch 10 XXL-Caipis bewirkten einen schlagartigen Rückfall in die Prälexikalische Phase mit möglichst dauerhaft anhaltendem Analphabetismus. Manche dieser Werke müssen noch nicht einmal geschrieben worden sein. Allein die Imagination, sie könnten irgendwann doch erscheinen, kann den Angstschweiß schon auf die Stirn treiben. Hinzu kommt, dass gewisse existierende Modeerscheinungen, wie beispielsweise der Trend zur selbstdarstellerischen Biografie aufmerksamkeitsheischender Ex-Politiker_innen, “Künstler_innen” und deren nicht weniger rampenlichtabhängigen Anhangs, den Schrecken eines zukünftigen Leseerlebnis an die Grenze einer drohenden Wahrscheinlichkeit rücken lassen.
Sollte also eine höhere Macht existieren, so bewahre sie uns vor der Erstauflage einer Welle von Biografien jeglicher FDP-Fritzen, schnarchnasiger Hinterbänkler und irgendwelcher Ballermann-Supertalente. Angesichts einer solchen Bedrohung, wäre ich gar mit einer extrateresstrischen Invasion oder auch der selbsterfüllenden Maya-Prophezeiung einverstanden.

Doch auch innerhalb des real existierenden Lesestoffs, wurde ich ohne großen Denkaufwand fündig und kann eine eindeutige Top3 der unsäglichsten und für mich unerträglichsten Bücher zusammenstellen.

Das Ehepaar Pease: Warum Männer nicht zuhören und Frauen nicht einparken können

Eine Ansammlung sexistischer Vorurteile und Stereotypen, welche als “Die ganze Wahrheit über Männer und Frauen” verkauft werden sollen. Der pseudowissenschaftliche Zement welchen Allan und Barbara Pease hier anrühren, um Rollenunterschiede zwischen den Geschlechtern in immerwährende Ewigkeit zu gießen, stinkt derart zum Himmel, dass die Produktion von Magensäure in einem Maße angekurbelt wird, welches es einem glatt ermöglicht, dieses Buch mit dem eigenen Erbrochenen in einer Rekordzeit zu zersetzen. Wohl mit ein Grund, weshalb ich bei der Lektüre nie auch nur über die Einleitung hinauskam. Der Versuch, das halbseiden wissenschaftliche Werk basierend auf gebetsmühlenartig wiederholten “Erkenntnissen der Gehirn- und Evolutionsforschung sowie aktueller Verhaltenspsychologie” auch noch mit etwas zu garnieren, was wohl nur Kleingeister, wie die Peases und Mario Barth (Fans) als Humor bezeichnen können, verfehlt in meinen Augen vollständig das Anliegen “Verständnis für die Handlungsweisen des jeweils anderen Gechlechts aufzubringen und somit zu einem harmonischeren Miteinander zu führen”.

Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sich jeweils männliche oder weibliche Wesen mit den hier präsentierten und als unveränderlich hingestellten Klischees tatsächlich wohlfühlen, sich darin wiedererkennen und nicht irgendwie in ihrer Persönlichkeit reduziert vorkommen. Die engen Handlungsspielräume, in welche die jeweiligen Geschlechter durch das drohende Schwingen der Evolutionskeule, welche in solchen Steinzeit-Argumentationen scheinbar obligatorisch dazugehört, gepresst werden sollen, schmerzen schon beim Anprobieren. Wer es wagt, von den aufgestellten Normen abzuweichen, wird stante pede, aber mit einem “witzigen Lächeln” in den Käfig aus Zuschreibungen und Definitionen zurückkomplimentiert. Wer ausbricht, scheint im biologischen Sinne ein Mutant zu sein.

Eva Hermann: Das Evaprinzip

Mit ihrem Traktat “für eine neue Weiblichkeit”, welches widersinniger Weise eher für eine archaische Weiblichkeit Partei ergreift, schlägt Eva Hermann in eine ähnliche Kerbe wie das Ehepaar Pease. Lediglich die Art des Zuschlagens erscheint ein wenig härter sowie ungeschönter. Die ehemalige Moderatorin und Nachrichtensprecherin, legte dank dieser fehlenden Maske der kaschierenden Komponente “Humor” und ihrer fast schon naiv bis dümmlichen anmutenden Verteidigung des nationalsozialistischen Frauen- und Mutterbildes eine faszinierende Bauchlandung hin. Angesichts der glorreichen Talkshow-Auftritte dieser bis dahin eigentlich gar nicht so blöd wirkenden Person erübrigte sich die Lektüre des Mach(t)werkes für mich. Ihre dort kämpferisch und uneinsichtig vorgetragenen Erläuterungen zum Inhalt genügten dann doch, mich auch noch auf kritische Weise mit solch rückständigem Idealismus auf einer literarischen Ebene auseinandersetzen zu müssen. Mit nachhaltiger Genugtuung könnten in diesem Zusammenhang tatsächlich auch die kürzlich lautgewordenen Meldungen über ihre Insolvenz aufgenommen werden. Natürlich nur von nachtragenden Geistern.

Carsten Maschmeyer: Selfmade – erfolg reich leben

Das Paradebeispiel eines erfolgreichen deutschen Finanzunternehmers. Er hat überall die Finger drin, wo sich ein Festhalten finanziell lohnen könnte. Ob Politik, Wirtschaft oder Medien keine demokratische Säule sollte beim Stricken eines gewinnorientierten Geflechts an “sozialen Beziehungen” ausgelassen werden. Was ich bisher an Auszügen aus dem selbstbeweihräuchernden Handbuch zum Erfolg lesen durfte und auch die Dinge, welche von seinem kamerawirksamen Privatleben immer wieder an die Öffentlichkeit gelangen, reicht mir dann doch, um den Wunsch nach möglichst viel Kohle, Macht & Größenwahn auf einem anderen Weg beschreiten zu wollen.

Laut Aussagen von Menschen, welche größeren Durchblick in der (für mich staubtrocken erscheinenden) Materie der Wirtschaft besitzen, soll für den Hausgebrauch eh ein Standartwerk der Wirtschaftswissenschaften tiefere Erkenntnisse erhalten und dabei sogar noch anschaulicher und spannender zu lesen sein. Aufgrund mangelnder Trinkfestigkeit, werde ich diesen Vergleich jedoch niemals selbstständig ziehen können und mich hierbei leichtgläubig auf die Meinungen anderer verlassen müssen.

Biologie und Rassismus bei Sarrazin

Das umstrittene Werk des ehemaligen Berliner Finanzsenators und anschließenden Vorstandsmitglieds der Deutschen Bundesbank enthält sicherlich eine ganze Reihe ungeheuerlicher Theorien und unheilvoller Verknüpfungen von Ursache & Wirkung. Das Risiko, dass bei dieser Lektüre der eigene Blutdruck schnell mal das eigene Dach vom Haus reißen könnte, ist es mir allerdings wert, mich mit einer Thematik, welche derzeit immer wieder von den unterschiedlichsten Seiten als medienwirksames Propagandainstrument zur Hand genommen wird, zu beschäftigen. Zur Entkräftung wirrer Argumentationsketten gehört leider die eingehendere Kenntnis die weit verbreiteten Argumentation aus dem gegenüberliegenden Lager. Ich fühle mich, umringt von lauter Buschkowskys, förmlich dazu genötigt. Nichtsdestotrotz verstehe ich es nur zu gut, dass einem der anhaltende Würgereiz das Lesen sprichwörtlich verübelt.

Als ich kürzlich also damit argumentierte, dass jenes Werk für mich persönlich keineswegs in die Kategorie “Ein Buch, das Du auch mit 10 XXL-Caipis intus oder für 100 Euro nicht lesen würdest” fällt, sondern eher unter “Bücher, die ich unbedingt zum fundierten Drüber-Aufregen gelesen haben möchte, aber niemals auch nur einen Pfennig für auszugeben bereit wäre, sie daher am besten von jemanden klauen möchte, der tatsächlich an solch Bio-Ethnie-Verschwurbelungen glaubt und womöglich gar zu Sarazin-Signierstunden gehen würde”, bekam ich es von der guten Guinan kurzerhand mit dem Vermerk “Gut geklaut, ist halb gelesen” glatt zugesendet. Das finde ich großartig! Es macht den Inhalt sicher nicht unbedingt genießbarer oder weniger grusliger, aber ich habe mich aufrichtig über diese Aufmerksamkeit gefreut. Um meinen Dank auch angemessen auszudrücken, habe ich gründlich recherchiert, inwiefern ich etwas zurückgeben könnte. Natürlich ist mir bewusst, dass ich einem echten Eric Bana Fan mit meiner Bildrecherche etwas hinterherhinken könnte, dennoch hoffe ich, etwas ausgegraben zu haben, was nicht unbedingt schon bekannt ist. Oder was die Bekanntheit insofern wettmacht, dass es trotz allem ein vielleicht immer wieder gern betrachtetes Bildnis darstellt.
eric bana umwerfendes lächeln
Unbekleidete Eric Bana Bilder hatten leider allesamt ein gewisses Verfallsdatum schon erreicht. Mir dünkt jedoch, das Shirt wird durch sein charmantes Lächeln, trotz körperlicher Anstrengung ausgeglichen.

5 Responses to 'Grenzwertige Literatur'

  1. Guinan says:

    Hachz, danke, ich bin ja hin und weg. Dafür darfst du noch ganz viele Bücherwünsche äußern.

    • DillEmma says:

      Ach, das freut mich :) Immer wieder gern – vielleicht besser ich auf diesem Wege gar mein fragmentarisches Wissen zu Eric Bana auf ;)

  2. Fellmonsterchen says:

    Alles Bücher, die ich auch nicht anrühren würde… Dieses Mann-Frau-Klischee-Geschwätz geht mir schon seit Jahren richtig auf den Keks, aber M. Barth bestreitet damit anscheinend sein komplettes Bühnenprogramm und wird reich damit?!
    Das ist ja sehr nett von Guinan, Dir das Sarrazebuch zu schenken. (War das dieser “Hurra, ich bin es endlich los”-Jubelschrei, den ich neulich irgendwo hörte?) Wie wird denn die Lesestrategie sein? Immer nur in kleinen Häppchen, damit der Blutdruck nicht hoch zum Mond fliegt und dort womöglich mit dem Mann im Mond den ganzen Caipi wegsäuft (Gerüchte, dass vor einigen Jahren ein Fellmonster auf dem Weg zur Erde bei einem Zwischenstopp sämtliche Caipivorräte auf dem Mond getrunken hätte, sind falsch. Oder jedenfalls stark übertrieben. Ein bisschen. Egal. Wo war ich?) oder das Elend komplett ganz schnell hinter sich bringen? Denke jedenfalls an Blutdrucksenker und Magentropfen. Besser ist das.
    Übrigens ein sehr schönes Bild des zweiterotischsten Mannes der Welt. ;-)

    • DillEmma says:

      Bei diesen Gedankensprüngen und Ausflügen zu den Ursprüngen deiner terrestrischen Ankunft wächst ja wieder einmal die Erwartung auf die mit Freude erwartete Biografie und das schon vorbestellte Exemplar.

      Ich habs noch nicht angefangen, verstecke mich noch hinter meiner derzeitigen Lektüre. Mitllerweile keimte in mir schon die Überlegung aus eben diesen Blutdruckgründen doch noch einen SaB zu eröffnen, wenn auch einen recht niedrigen einzig bestehen aus dem Abschaffungsmärchen. Aber ich möchte dem Werk dann doch keine allzu großen Exklusivrechte einräumen.

  3. Fellmonsterchen says:

    Ich glaube, ich habe gerade mein Thema für den diesjährigen NaNoWriMo gefunden: Meine Autobiographie. :-)
    (Falls ich denn überhaupt teilnehme. Bin mir noch nicht sicher.)

    Das mit dem Sarrazebuch ist gar nicht so einfach, aber Du wirst das schon packen. Allerdings rate ich davon ab, jedes Mal 10 XXL-Caipis während der Lektüre zu trinken. Blutdruckprobleme reichen schon, da muss nicht auch noch die Leber belastet werden…

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