Hans-Wurst Krieger – Weißwurst versus Currywurst

LesenDiese kleine warzige Gift-Kröte!

Keine Beleidigung! Dem steht da so. Autorität des virtuellen Wissens, verkündigt derartiges über gewisse Kröteriche. Im Ernst – Menschen & Krötengeneräle mit derart beneidenswerten Fantasieauswüchsen gehen mir ja mal sowas von auf die Kröten-Klöten. (Jener eben geäußerte Ausrutscher ins Vulgäre ist lediglich einer rechthaberischen Laune entsprungen, kann jedoch zeitgleich genutzt werden ausgleichende Gerechtigkeit zu schaffen: Indem hier reduzierte Tröten wortreich widerlegt werden, wird das eigene Gemosere glatt gelindert – behauptet sie & legt es fest.) Zwei Fliegen auf einer Kröten-Zunge quasi. Doch zurück ans Eingemachte:

Heute gibt’s Froschschenkel!

….oder zumindest einen weiteren Schenkelklopfer des Krötengenerals in den Themenvorschlägen der 52 Bücher.

Jedesmal bringt mich diese irre gewordene Kaulquappe aufs Neue aus dem Konzept. Doch bevor ich mit einem zweiten Aga-Thema in Verzug gerate (pflichtbewusst würfele ich nämlich bereits seit Wochen an Bücherwoche 10 herum, doch dazu später – viel später – mehr), habe ich mir mal Gedanken und Quak-Taschen (ok, spätestens hier, wird das Niveau grottig) gemacht. Viele Gedanken. Immens viele Gedanken. “Epochal” viele Gedanken.

Thema:

Jenseits des Weißwurstäquators

Welches Jenseits?

Korrekt: Welches der Jenseitse?
Oder anders: Vor, hinter oder gar inmitten Bayern?
Zählt Franken bei dieser verhohnepipelnden Redensart auch zu Bayern oder erstürmen Alemannen & Baiuwaren bei solch preußischer Sichtweise wieder die Barrikaden?
Letzteres ist eigentlich fast schon Weißwurscht. Ich werde mich im Folgenden sicher eh als “elendiger Saupreiß” outen müssen, also kann ich auch gleich brachial werden:

Achtung! Berliner Polemik

Mit Herz, Schnauze & Currywurst

Berlin SchwabylonLiebe Schwaben, Bayern & Franken (Pfälzer & Hessen dürfen fast schon mithören, nachdem ich die nun schon zweimal hinschrieb & wieder löschte) erschreckt bitte nicht, aber für die unermeßliche Ignoranz des Berliners ist das alles eine Soße (mit Scharf!). Ab Hessen, Rheinland-Pfalz & Thüringen wird es einfach zu kompliziert für den verwöhnten Hauptstädter, welcher im günstigsten Falle seine eigene Stadtgrenze zeitlebens nicht überschreitet (wobei Berliner_innen diese gern großzugig irgendwo inmitten Brandenburg ziehen). Dazu kommen auch noch immense Verständigungsschwierigkeiten auf dialektaler Ebene. Da der Mensch aber gerne kategorisiert ist alles “da unten = Bayern”. Ich pflege hinsichtlich dieser Auffassung das berühmte Kulturerbe der berüchtigten Berliner Weltoffenheit als hauptstädtisches Kulturgut. Diese Pflege gipfelt in einem einfachen kulturell hochwertigen Statement: Bayern sind doof.

“Wir” müssen wenigstens den Schein aufrecht erhalten, “die” Lederhosen-Wastl & Dirndl-Dirnen nicht riechen zu können. Selbst wenn, und dies ist jetzt lediglich eine wagemutige Hypothese, selbst wenn:

  • “da” tatsächlich vernünftige Nicht-CSU-Wähler wohnen sollten
  • “die” “dort” auch tatsächlich noch wohnen und nicht bereits nach Berlin ausgewandert sind
  • diese Ausgewanderten wiederum zu den Flüchtlingen des spießigen Südens zählen, welche ihre kleinbürgerlichen “Kulturgüter”, vor denen sie ursprünglich aus ihren Kuhkäffern flohen, nicht in einer wirren Heimatverbundenheit dann im Berliner Exil zu etablieren versuchten.

 

Bayern-Berlin Hassliebe

Selbst die Bayern wissen um ihren Stand in Berlin. Findig wie sie sind, wissen sie ihn jedoch auch zu nutzen. So warb die Bayern-Partei 2004 massiv in den Grenzen der Hauptstadt mit diesen sympathisch polemischen Plakaten für eine Eigenstaatlichkeit ihres Bundeslandes. Wären nicht noch andere Themen von Bedeutung gewesen, Berliner_innen aller couleur hätten ihnen mit Kusshand diesen Wunsch nach einem freien souveränen Bayern mit überwältigender Wahlmehrheit erfüllt.

Wie also vielleicht minimal durchschimmert: “Die Berliner” tun sich gern schwer mit “denen”. Teilweise ist dieser Groll durchaus nachvollziehbar. Manche bezeichnen es ja gern als dörfliche Attitüde der Hauptstädter sich über Veränderungen jeder Art zu muckieren. Als moderner Mensch sollte einem der stetige und schnelle Wandel vielleicht sogar orgiastische Höhenflüge abringen. De facto fühlt sich das aber manchmal eben doch einfach nur doof an. Es kann einem gar das Gefühl des Verlusts oder der Entwurzelung vermitteln, wenn ganze Straßenzüge, Viertel oder Parks, welche einst bevölkert waren von lauter bekannten Gesichtern und welche durch diese Bevölkerung mit Leben & (Sub)Kultur beseelt wurden, plötzlich derart “inn” werden, dass sich die ursprünglichen Bewohner das Leben dort entweder nicht mehr leisten können oder von jenen, welche die Orte doch wegen ihres besonderen Charmes aufsuchten, dort dann nicht mehr gewollt werden.

Vielleicht fühlen sie sich auch nur nicht mehr gewollt bzw. schlicht in ihrer einstigen Freiheit beschränkt – nicht nur finanziell. Schlicht weil die Alltäglichkeiten, welche das einstige subkulturelle Lebensgefühl prägten & jene Gegenden überhaupt erst so hip werden ließen, nun (polizeilich) unterbunden werden müssen, da sie mit den hochkulturellen Lebenskonzepten jener neuen Bewohner nicht langfristig harmonieren.

Eine Szene-Wohngegend möchte man haben, aber doch bitte ohne nächtliche Ruhestörungen durch laute Musik. Auch diese Straßenkünstler sind irgendwie beängstigend, wie sie da so laut & vielleicht ein wenig dreckig einfach irgendwo Musik machen oder womöglich mit Feuern spielen. Achja die Feuer – das deutsche Recht sieht ja gar keine Feuer ohne Genehmigung vor – keine Lagerfeuer an denen gesungen wird. Lagerfeuer können gefährlich sein, ganz abgesehen von den dubiosen Gestalten, welche da nichtsnutzig hineinstarren. Die Parks sollten generell etwas sicherer sein, also Polizeistreifen, bitte! Nagut, wenn das zu ungunsten der nichtgenehmigten Musikkanten oder Jongleure geht, seis drum. Schwund ist überall. Der Maler an der Ecke kann sich sein Atellier nicht mehr leisten? Die urige Kneipe – hatte gar keine Mietverträge? Noch nicht einmal eine Schankgenehmigung? Sogenannte Vokü ist eigentlich containertes Essen? Na wo kommen wir denn da hin – dann lieber 5€ für ein kleines Bier im biederen Ambiente. Das ist wenigstens nach Deutschem Reinheitsgebot gebraut. Da weiß man, was man hat. Der Konnopke darf bleiben. Das ist schließlich die älteste Kult-Currywurst Berlins. Die Ostdeutsche Antwort auf Curry 36 quasi. Aber wusstest du, Elfriede, dass die Currywurst gar nicht in Berlin erfunden wurde? Die ist aus Hamburg! Das schreibt jedenfalls dieser Autor Uwe Timm in

Die Entdeckung der Currywurst

aber da geht es auch nicht wirklich darum. Das Buch weckt völlig falsche Erwartungen, Elfriede. Fast wie Berlin. Da zieht man in ein angesagtes Viertel und dann ist das ganz verdreckt & laut. Kaum ist der Dreck weg, soll es nicht mehr angesagt sein. Die Rolle der Currywurst in dem Buch ist irgendwie ähnlich flüchtig, Elfriede. Etikettenschwindel! Soll ja jetzt auch Einzug in unsere Bio-Märkte halten. Was soll man da noch sagen, Elfriede?

Ich habe mich verrannt, weil ich mich verlaufen habe. Das sollte doch ein Artikel mit Buchrezension zur Entdeckung der Currywurst werden. Gestern lief ich aber leider versehentlich durch den Prenzlauer-Berg und davor schrecklicher Weise auch noch durch den Friedelhain. Gegenden, um welche ich seit langem einen Bogen mache. Denn es stimmt mich traurig. Traurig & ein “klein wenig” ignorant. Ich stelle fest kein Neuzeitmensch zu sein. Ich mag Kontinuitäten. Ich mag Freiheiten. Ich mag Überraschungen. All das gab es in den Bezirken einst. All das sehe ich leider nicht mehr. Überhaupt sieht man da niemanden mehr. Die Bezirke sind zwar voll, aber das Leben scheint raus. Das ist zwar alles sicher überhaupt nicht so tragisch, wie die politischen Umschwünge, welche (nicht nur) die Protagonisten in Uwe Timms Buch entwurzeln & das Gefühl von Verlust, Leere sowie Verrat hinterlassen – darüber bin ich auch glücklich – aber dennoch ist es einfach nicht schön (darf gerne bockig gelesen werden). Und deswegen muss die eigentliche Rezension hier ausnahmsweise mal das liebe Wikipedia übernehmen, weil ich bin jetzt nämlich geknickt über wie durch meine egozentrische Hypersensibilität.

Ich grübelte übrigens lange, ob ich Bücher aus dem Weißwurstäquator besitze. Wollte erst alles und jeden mit einem Mittelhochdeutschen Wörterbuch sowie Beschreibungen zur Mitteldeutschen Grammatik, Entstehungsgeschichte und derlei terrorisieren, weil da haben die Ur-Bayern ja dicke Aktien dran, doch das verwurstete sich so schlecht. Ließ sich weder zutzeln noch mit ordentlich Curry drauf genießbar machen. Doch nun, da dieser Artikel so Mahnmalartig wie überdimensioniert & arg pathetisch dasteht, fiel mir glatt doch noch ein ganz großartiges Bayerngeschöpf ein – zweie gar:

Der Meister Eder & sein Pumuckl

Also möchte ich dem kleinen Kobold das Recht geben, die Düsterheit zu erhellen und das ganze mit thematisch passenden, vor allem aber versöhnlichen Worten (an alle okigen Bayern, Schwaben, Hessen etc. – ich maße mir nie wieder an, euch temporär die Existenz abzuerkennen ;) ) abzurunden:

Wem Gott will rechte Gunst erweisen
den schickt er in die Wurstfabrik
fideralala
und läßt ihn in die Knackwurst beißen
und gibt ihm noch ein Stückchen mit
fideralala
holdrio, holdrio, holdrio, holdrio, holdrio

8 Responses to 'Hans-Wurst Krieger – Weißwurst versus Currywurst'

  1. erhebesich says:

    Currywurst wurde im Hamburg erfunden und seit Tagen regnet es nach oben

  2. Ralph says:

    Herr oder Frau erhebesich möge sich setzen, denn die Currywurst wurde garantiert nicht in Berlin erfunden. Wie überhaupt recht wenig sinnvolles (mir fällt sogar gar nichts ein) in Berlin erfunden wurde …

    Nebenbei: Vokü = Volksküche? Oder “vorne küssen?”

    Und mit den Bezirken scheint es sich so zu verhalten, wie mit Menschen, die “einen” über den Durst getrunken haben: sie sind voll, aber alles Leben ist raus. Ist Berlin also schlicht besoffen?

    Mir fielen noch viele Anmerkungen zu diesem (wunderbaren) Artikel ein, aber der Reim am Ende reißt alles raus und scheidet meine ketzerische Zunge (bitte doppelt im übertragenen Sinne sehen) ab :-P

    Daher bleiben nur noch herzliche Grüße,
    Ralph

    • DillEmma says:

      VoKü – richtig Volksküche, weil vorne küssen wäre ja insoweit als überwiegende Norm nich markierungswürdig, also höchstens nokü (normales küssen) oder stakü (standart küssen) gegenüber abkü (abweichendes küssen) in seinen unterarten hikü likü rekü ukü (über die Existenz von “okü” Abgrenzung – gerade in Abgrenzung zu “nokü”, streiten Kussologen ja seit Urzeiten, dem Begriff wird etwas anrüchig hierarchisches nachgesagt)

      und hier – Erfindergeist, aber bannig: urbanen Legenden zufolge soll Berlin ja zum Döner inspiriert haben, dit mit der Currywurst is noch nich jeklärt und die Hauptstädter melden wohl jährlich die meisten Patente an, dass dit vielleicht allesamt Schnapsideen sind, tut dabei aber rein garnix zur Sache :P

  3. Ein schöner Artikel, ich mag die Abschweifungen und auch die “krötigen” Bestandteile.
    Außerdem hat sich für mich gerade die Frage erledigt, welche Partei ich bei der nächsten Bundestagswahl wähle: Natürlich die Bayernpartei. :-) ;-)

    • DillEmma says:

      Ich weiß gar nicht, ob die noch existieren, so schnell wie sie kamen, war’n sie auch wieder weg – kann sich ja manch einer mal ‘n Beispiel dran nehmen. Vielleicht ist das ja das ganze Problem, schlichtweg Parteien, die einfach nicht wissen, wann es zeit wäre zu gehen – klingt unglaublich logisch, find ich :D

  4. Silke says:

    Wunderbar wieder!
    Solltest Du Deine Glossen mal zusammenfassen und in Buchform pressen lassen, dann sag mir bitte Bescheid! Ich würde sofort eines haben wollen. :-D
    Schöne Grüße,
    Silke

    • DillEmma says:

      Uih – schwer das über den Bildschirm zu präsentieren, aber eine wohlige Röte bemächtigt sich meiner Gesichtsflanken. Danke für diese Abendversüßung ….sollte sich tatsächlich mal etwas in dieser Richtung anbahnen, wirst du natürlich umgehend alarmiert, also so per kostenlose Vorabsendung (ja, mein Geschäftssinn ist überragend, der geborene Kapitalschläger :P )

      • Silke says:

        :-D
        Nun, Ehre wem Ehre gebührt… Mal echt jetzt! Ich mag Deine Schreibe einfach unheimlich gern!
        Schönen Abend noch…

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