Renzension: Munkel Trogg

Lesen nach Alphabet Eine Reise, die eigentlich gerade erst ihren Anfang nimmt, nahm bereits bei mir ein vorläufiges Ende.

Munkel Trogg – Der kleinste Riese der Welt

Munkel Trogg sprang vor einiger Zeit bei Blogg-dein-Buch auf meine WuLi und kletterte von dort, mühsam mit seinen kurzen Beinchen auf meinen SuB. Da saß er dann. Schaute aus seinen kleinen Riesen-Augen erwartungsvoll zu mir hinauf, bis ich mich seiner erbarmte und ihn so richtig durch…*öhm*…las.

Wieso ein Kinderbuch?

Auch wenn ich lange keines mehr gelesen hatte: Ich mag Kinderbücher noch immer unheimlich gern, trotz der nahenden großen Drei (Ich bin ein Kind und ich weiß es nicht besser – da muss nun aber nicht unbedingt in Anwesenheit von Kindern drauf geklickt werden). Zudem möchte ich Bücher vorab lesen, die ich an den stiefmütterlich erworbenen Nachwuchs zu verschenken gedenke. Da kommt mir dann schon von vornherein weder rosa-plüschige “Mädchenliteratur” ins Haus, noch babyblau überpinselte Grundsteine zur Reproduktion hegemonialer oder sonstiger “Männlichkeit”. Von der Farbe Grün lasse ich mich also schon der vermeintlichen Geschlechtsneutralität wegen schneller überzeugen. Ich habe das Buch natürlich nicht nur des giftgrünen Hintergrunds wegen gewählt. Stets sortiere ich streng nach ganz persönlichen Vorlieben: Irgendwo zwischen anspruchsvoll, fantasievoll und rotzfrech sollte ein gutes Kinderbuch angesiedelt sein. Die witzig groben Illustration deuteten jedenfalls auf einen Treffer. Ob Munkel Trogg auch hielt, was ich mir versprach? Mal schaun:

Inhalt

kleiner riese munkel troggDer kleinste Riese der Welt entsprang der Fantasie von Janet Foxley. Der Roman für Kinder ab 8 Jahre ist bei den Fischer Verlagen erschienen – in Giftgrün, was generell schon eine positive Grundstimmung in mir erzeugt.
Munkel Trogg ist der älteste Sohn der Familie Trogg, aber mit seinen zehn Jahren viel winziger als sein drei Jahre jüngerer Bruder Raubauz. Ja, er ist sogar kleiner als die jüngste Schwester Pumpel. Und die steckt noch in den Windeln!
Munkel steht kurz vor dem Gigantur, seinem Abschluss auf der Riesenschule. Ein besonders guter Schüler ist er nicht. Oft traut er sich nicht einmal zum Unterricht aus Angst vor den anderen Riesenkindern, die ihn nur allzu gerne ärgern und als Spielball auf dem Schulhof benutzen. Lieber schleicht sich Munkel während der Zeit, welche er eigentlich in der Schule verbringen sollte aus dem Rumpelberg. Der Rumpelberg ist das Zuhause der Riesen. Er liegt versteckt vor den bösen Kleinlingen (den Menschen) im Wald. Alle Zugänge zum Rumpelberg sind mit Sträuchern verdeckt und werden von Riesen bewacht. Eigentlich ist es streng verboten den Berg ohne Erlaubnis des Königs zu verlassen, da die Riesen sich vor den Menschen und ihren tödlichen Zauberstöcken fürchten. Vor langer Zeit flohen sie an diesen sicheren Ort, verrammelten die Türen und verließen den Rumpelberg nur noch nachts für die Jagd. So gerieten die Riesen bei den Menschen nach und nach in Vergessenheit – aus Erinnerungen wurden Sagen & Legenden. Doch ebenso wie die Menschen die Riesen über die Jahrhunderte vergaßen, ließ auch bei den Riesen die Sorge um die Tore zum Berg nach.
Munkel ist trotz aller Verbote neugierig auf die Welt der Kleinlinge, auch wenn seine Noten in Kleinlingskunde nicht gerade die besten sind. Oft schleicht er sich aus den bereits marode gewordenen Toren hinaus in den Wald. Bei einem seiner Ausflüge entdeckt Munkel, dass diese gefährlichen Zauberwesen lediglich nur so groß sind wie er selbst. Auch in Drachenkunde seinem zweiten Prüfungsfach für das Gigantur steht es um Munkels Noten nicht gerade zum besten. Dabei wünscht er sich wahrhaft inbrünstig einen Drachen. Nur ist seine Familie viel zu arm für solche Luxusanschaffungen. Daher besucht Munkel seinen Vater am liebsten bei dessen Zweitjob in der Drachenaufzuchtstation. Dass er im Laufe der Geschichte sogar der erste Riese ist, dem es gelingt, auf einem Drachen zu reiten, das verrate ich an dieser Stelle gar nicht. Könnte ich aber, denn die Spannung steigt auch erst mit dem Drachen empor zum Himmel.
Und wer wissen möchte, wie der kleine Munkel Trogg zu einem ganz großen Helden im Reich der Riesen wird, der soll laut Bloggdeinbuch diesem Link folgen. Den gebe ich allerdings erstmal nur unter Vorbehalt an, denn das Buch kann auch auf der Verlagsseite erstanden werden – und zwar hier (da brauch mensch nicht die dubiosen Machenschaften von Amazon zu unterstützen…)

Fazit

Neben der Farbgebung des Covers  und den schrägen Zeichnungen, wurde ich beim ersten Blättern von weiteren Illustrationen des Buches enorm angesprochen. Erinnert ein wenig an “Die Olchis”, einer echten Kinderbuchperle. Auch inhaltlich lassen sich einige Paralellen erkennen. Janet Foxley spielt ebenso mit der Verdrehung pädagogischer Werte, wie Olchi-Schöpfer Erhard Dietl. Dreckig ist sauber, eklig ist schmackhaft und so weiter. Nach meiner Erfahrung finden die Lütten so etwas ja tatsächlich witzig und auch ich finde es immerhin amüsant. Ein wenig gestört hat mich in dieser verkehrten Welt allerdings das Festhalten an überholten Geschlechtermodellen. Gleich im ersten Kapitel wartet die Familie auf den Riesenvater, der von der Jagd zurückkommen soll. Mutter Riese hat den ganzen Tag in der Küche standen und gekocht – DillEmma ist ein wenig brüskiert, rät noch bevor die Geschichte so recht in Fahrt kommt Schwippschwagers Stiefzwilling von einer Schenkung an dessen Tochter ab. Sie erntet nachlässiges Lächeln, überwindet sich, dem Roman noch eine Chance zu geben und lässt sich immerhin von der schön erzählten Geschichte fangen. Doch immer wieder stechen die stereotypen Rollenverteilungen in den Genuss. Held Munkel Trogg ist männlich und darf sich sogar als Retter eines kleinen hilflosen Mädchens beweisen.

Dillikatesse

Prädikat: Dill_ikat

Das nagt irgendwie und ist für mich in Sachen Identifikationsfiguren für Mädchen vielleicht nicht so der Renner. Schade. Dieser Umstand bringt Munkel Trogg dann auch nur vier von fünf möglichen Dillsträußen ein – meiner neuen absolut wahnwitzigen Wertungsmethode.
Trotz dieser wirklich hartnäckigen Störfaktoren ist das Buch, aufgrund seiner fantasievollen Geschichte doch durchaus lesenswert. Natürlich würde ich jederzeit eine abgedrehtere Erzählung trockenen Titeln wie “Erna geht zur Schule” vorziehen. Dennoch erhoffe ich mir für die Folgebände dieses insgesamt gelungenen ersten Teils, ein bisschen mehr Mut zum Rumgespinne (vielleicht ja sogar in ganz wagemutigen Experimenten mit Geschlechtsrollen-Stereotypen :P ).
Auch den minimalen padägogischen Aspekt, der irgendwo im Hintergrund scheu gewunken hat, möchte ich für seine Unaufdringlichkeit danken. Schön, dass du da warst und dennoch nicht den klitzekleinen Riesen und die schönen Drachen ersticken musstest.

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