Sie ist wieder da!

Projekt 52 BücherDie Überschrift bezieht sich keineswegs auf meine Wenigkeit, obwohl das durchaus auch damit gemeint sein könnte. Nein! Vielmehr gehen Jubelschreie durchs Netz, denn die die 52-Bücher-Challenge vom Fellmonster geht in die dritte Runde! Trotz fehlendem Internet in den eigenen vier Wänden oder lediglich Zugang über diese kleinen umständlichen Schlaufone, Karpaltunnelsyndrom und Tennisellenbogen (Richtig: medizinisch heißt das gar nicht Tennisarm, sondern Ellenbogen. Wieder was gelernt!) muss ich zu diesem Anlass doch unbedingt wieder regelmäßiger hier was hintippeln.
Ziel diesmal: Keinen Beitrag auslassen!

Zum Auftakt gibt es auch gleich einen Klassiker – da bleibt sich die Kalamitäten-Kati treu:

Was liest du zurzeit?

Ich bin derzeit in der Zwischenphase von zwei Büchern. Das eine hängt mir seelisch noch nach, dass andere wurde bereits begonnen. Prinzipiell ist da noch ein drittes, dessen letzte 50 Seiten schon einige Wochen darauf warten, endlich gelesen zu werden. Aber dieses dritte oder vielmehr dessen Ende macht mir irgendwie Angst oder auch Unlust. Es ist

Venusneid von Rita Mae Brown

.
Und es begann so gut:
Eine Frau bekommt die Diagnose Lungenkrebs im Endstadium. In ihrer letzten Nacht im Krankenhaus fühlt sie, dass es jede Sekunde vorbei sein kann, reißt sie sich den Morphinschlauch raus und beginnt, zu schreiben. Sie schreibt allen Menschen einen Brief, die in ihrem Leben eine wichtig Rolle spielen, ob nun durch familiäre, geschäftliche oder freundschaftliche Bindung. Eine Art Abschiedsbrief, in dem sie abgrundtief ehrlich ist. Sie offenbart nicht nur sich selbst, sondern eben auch alle Gefühle und Gedanken, die sie den jeweiligen Menschen gegnüber wirklich hegt. Am nächsten Tag wacht sie widererwartend auf, die Briefe sind bereits abgeschickt und der Arzt bescheinigt ihr eine Fehldiagnose. Es war schlichtweg nur eine schwere Bronchitis. Sie wird überleben. Es ist eine Wiedergeburt in doppelter Hinsicht. Denn dem Tod so nah gewesen zu sein, macht einerseits sicherlich vieles bewusst und stärkt den Willen, in einer neuen Chance alles anders oder vielmehr richtig zu machen. Andererseits kann ein solch abrupter Umbruch, bei welchem du komplett blank gezogen, vielleicht auch unbequeme Wahrheiten ausgesprochen hast, dein komplettes bisheriges Leben inklusive aller Sicherheiten zusammenbrechen lassen. Alles gerät ins Wanken, nicht nur nach und nach, sondern eben auf einmal. Dieses Zusammenspiel von Ende und Neuanfang und wie das einzelne Individuum und dessen Fassaden auf die gesamte Umwelt wirken, fand ich einfach immens spannend. Spannend sind auch Ort und Zeit in der die Handlung spielt, denn ein wichtiger Punkt in den Briefen ist das Coming-Out der Romanheldin, die wie so viele von Rita Mae Browns Figuren lesbisch ist (wenn es keine Katzen sind – denn sie fing irgendwann an, diese unsäglichen Katzenkrimis zu schreiben – WARUM?!).  Anfangs mochte ich auch die sporadisch auftretenden Abrutscher ins Irreale. So ist die Protagonistin Kunsthändlerin und eines der Ausstellungsstücke in ihrer Galerie, eine Art Familienbild der griechischen Götter, welches Ewigkeiten in einem Bordell gehangen hat, scheint immer mal wieder Kontakt mit der “Realität” aufzunehmen. Doch eines Tages bekommt die Hauptfigur beim Auswechseln einer Glühbirne einen elektrischen Schlag und findet sich tatsächlich zwischen all den Göttern und Göttinen wieder, mit denen sie dann überirdischen Sex hat, dazwischen dann bei Nektar, Ambrosia und Cola philosophische Gespräche über die Menschheit und die Liebe führt. So als Ausflug hätte ich das ja noch ertragen, aber das geht nun schon geschlagene 100 Seiten so und irgendwie verstimmt mich die Aussicht, es könne bis zum Ende so bleiben.

Das Buch, bei dem ich vorgestern die letzte Seite zuklappte und welches mir sicher noch etwas nachhängen wird, trägt ebenfalls einen für mich sonst eher abschreckenden Titel:

Das geheime Prinzip der Liebe – Hélène Grémillon

Das Buch hat mir die Quasi-Schwiegermutter geschenkt. Das machte mir schonmal gehörig Angst. Es war nämlich bereits ihr zweites Buch an mich. Bücher schenken ist ja eh schon eine Kunst für sich, aber sie ist zudem passionierte Nicht-Leserin mit einem generell wirklich anderem Geschmack als meinem eigenen. Bei einer solchen Konstellation darf theoretisch vom Schlimmsten ausgegangen werden. Beim letzten Mal bekam ich dann auch eine Art Fürstenroman oder so etwas. Ich gebe zu, ich hab dieses erste “Buch” nicht gelesen. Ich habe mir allerdings die ersten 20 Seiten Personenverzeichnis angeschaut. Es las sich ein wenig wie der Anfang der Bibel (“Dings zeugte Bumms und Bumms wiederum zeugte Knall” oder so ähnlich). Ich habe sogar die aufgeführten Personen durchgezählt. Etwa 200 Charaktere – das wirkte mir dann angesichts der zwei bis dreihundert Seiten doch minimal überladen. Und dann lauter ellenlange Adelstitel …och nööö. Das geheime Prinzip der Liebe hingegen, steht jedenfalls überraschend konträr zu der ersten Erfahrung. Es hat mich von Anfang an gepackt und wirkte, wie gesagt, sogar über das Leseerlebnis hinaus noch nach. Irgendwie zwischen Krimi, Geschichtsroman und Familiendrama.
Ich hau hier mal dennoch nur den Klappentext hin. Zum einen, weil ich bei den ganzen inhaltlichen Verflechtungen und Wendungen einfach nicht den potenziellen Lesern irgendetwas vorweggreifen möchte. Zum anderen, lese ich es ja aktuell gar nicht mehr, es ist also streng genommen gar nicht teil dieser Bücherwoche:

“Eine bedingungslose Liebe, die sich während des zweiten Weltkriegs in Paris verliert.
Eine Mittellose Malerin aus der Champagne, die für ihre Gönnerin ein Kind bekommt.
Eine Frauenfreundschaft, die in Hass umschlägt.”

Diese Beschreibung trifft es ziemlich gut und sagt dennoch nichts über den Inhalt aus. Denn hinter den einzelnen Worten steckt wie so oft, so viel mehr.

Kommen wir also zu dem Buch, das ich derzeit so wirklich aktiv lese:

Alice Walker “Die Farbe Lila”

Zumindest der Film ist sicherlich recht bekannt. Das war damals einer der ersten “Erwachsenen-Filme”, die ich mit meiner Mutter schauen durfte. Beeindruckt war ich schon damals. Dennoch war das alle irgendwie zuviel. Ich habe ihn sicher dreimal im Abstand mehrerer Jahre und Reifephasen gesehen, um irgendwie die ganze Handlung aufzunehmen. Thematisch habe ich den Film auch lange Zeit mit “Grüne Tomaten” durcheinander geworfen. Die wandelnden Rollen der Schwarzen in Amerika (und damit auch die der Weißen) sowie die Emanzipation der Frau (und damit auch die der Männer) steht in beiden Büchern und Filmen im Mittelpunkt. Der Umgang mit diesen gesellschaftlichen Umbrüchen könnte allerdings nicht gerade unterschiedlicher verarbeitet sein. Beide Bücher habe ich auch erst nach den jeweiligen Filmen gelesen. Dabei fiel “Grüne Tomaten” in meinem ersten Beitrag zum Bücherprojekt überhaupt, der zweifelhafte Titel “Beste Buchverfilmung” zu. Zweifelhaft deswegen, da der Film das Buch um Längen schlägt. Bei “Die Farbe Lila” sieht das bisher ganz anders aus. Sonderlich weit bin ich zwar noch nicht, aber Zahl und Intensität der Entenpellen und Würgereize, die das Buch bisher auslöste, übertrumpfen jetzt schon die des gesamten Films.

12 Responses to 'Sie ist wieder da!'

  1. Fellmonsterchen says:

    Hurra, hurra, Du bist wieder da!
    Wie viele Monate ist denn Dein Domizil nun schon ohne Internet? Das gibt es doch nicht, das ist ja eine Frechheit. Ich würde durchdrehen.
    Und nun zum Thema: Nach leichter Sommerkost hört sich das ja alles nicht an, aber “Die Farbe Lila” möchte ich auch noch lesen. Vielleicht nicht unbedingt nach “Jeder stirbt für sich allein”, danach brauche ich erst mal eine Pause von ernsten, beklemmenden Themen.
    (Übrigens: Ich mag die Katzenbücher von Rita Mae Brown — heißt das, dass ich schon zu lange im Internet unterwegs bin?)

    • DillEmma says:

      Also die derzeitige Netzlosigkeit zieht sich in etwa drei bis fünf Monate hin. Ich mag das ja gar nich zählen. Das kommt davon, wenn man versucht die Ladebuchse des Lap Tops eigenhändig zu löten. Über x Ecken hab ich nun einen IT Menschen gefunden, der die (nach seiner Aussage) auf dem kompletten Motherboard verschmolzenen Kontakte rückgelötet hat. Nur der seit immerhin zwei Wochen reparierte Schoßcomputer an sich verweilt noch in einem Dorf außerhalb von Berlin bei meinem Vater. Sobald sich unsere Terminpläne irgendwie mal übereinschwingen lassen, habe ich tatsächlich wieder barrierefreien Netzzugang. :D

      Ich hab von der schweren Kost nach der Farbe Lila sicher auch erstmal Magenverstimmung. Dann gönn ich mir zur Abwechslung doch mal wieder was “Leichtes”: Vier Scheibenwelt-Romane sind bereits bestellt und schon auf dem Weg …da kann der Sommer auch gern nochmal zurückkommen :p

      Das mit den Katzenromanen noch: Also ich hab wohl irgendwie ein generelles Problem mit dem Genre. Ich hab mal ein Praktikum in einem Verlag gemacht und da wurden die Dinger unabhängig von Qualität stets ins Programm aufgenommen. Einfach weil die sich ja eh verkaufen. Das wirkt dann irgendwie …lieblos. Auch die Kommentare des Verlagsteams selbst, dass sich mit diesem Genre eben die Kohle generieren lasse, die man bräuchte, um “gute” Sachen rauszuhauen. Dass die Katzenkrimis von Rita Mae Brown trotzdem dufte sind, bezweifel ich nichmal – die schreibt halt einfach mit viel Witz. Vielleicht werd ich mir eines Tages auch tatsächlich mal eins davon zu Gemüte führen, sonst verstehe ich diesen Wandel von den doch irgendwie arg poltisch oder geschichtlich angehauchten Nichtkatzenromanen von ihr hin zu diesem merkwürdigen Genre wohl nie und würde es ewig in unwissender Ignoranz aufs schnöde Geld schieben…

      • Fellmonsterchen says:

        Ladebuchse selbst löten? Oha. Bei mir wäre vermutlich das ganze Notebook nur noch ein Klumpen undefinierbare Masse…
        Ich mag an den Katzenkrimis von Brown die etwas skurrilen Kleinstadtbewohner, aber besonders anspruchsvolle Literatur ist das wirklich nicht. Halt gedruckter Cat Content. :-) Aber ich habe schon den Eindruck, dass sie die Bücher mit Herz geschrieben hat, wobei das Geld bestimmt trotzdem nicht gestört hat. Habe jetzt auch schon länger keinen mehr gelesen, obwohl ich die Reihe noch nicht durch habe. Hatte bei dem letzten, den ich gelesen hatte, das Gefühl, das ein bisserl die Luft raus war. Vielleicht war das ja auch eine Ausnahme, ich glaube, ich habe noch ein oder zwei hier ungelesen herumliegen. Selbst bei den Scheibenweltromanen gibt es schwächere Romane. Welche hast Du Dir bestellt?

        • DillEmma says:

          Ich dachte ja echt, das ginge einfach klar. Hab sogar noch ne befreundete Mechatronikerin gefragt ….blöd nur, dass die Dame mehr so mit schweren Maschinen arbeitet und eben nicht mit so feinmechanischen Zeugs. Scheinbar lötet man da anders oder mit anderen Lötkolben mit anderen Temperaturen, denn das ich nichmal in die Nähe des angeblich geschmolzenen Boards gekommen bin, also da bin ick quasi felsenfest von überzeugt.
          Ich hab noch irgendwo “Ruhe in Fetzen rumzuliegen” – sollte mir der Lesestoff doch mal ausgehen, bleibt mir ja gar keine andre Wahl, als einfach mal anzutesten :p
          Welche hab ich bestellt? Da muss ich erstmal in meiner Liste kramen *wühlt und schmeißt unmengen Daten und Dinge im hohen Bogen hinter sich*:
          Mummenschanz, Helle Barden, Voll im Bilde und Schweinsgalopp ….dazu noch die “Nomen-Trilogie” (Trucker, Wühler und Flügel) keine Ahnung, was das ist, irgendwas mit Landwirtschaft? Vielleicht hilft es ja beim Aussteigerdasein und so Anstalten mit enormen SQ hinter sich lassen. ;)

  2. Windsprite says:

    Die Irreale Sache mit den Göttern und das Familiendrama spricht mich ehrlich gesagt an…
    Ich muss sagen, ich liebe irreale Geschichten. Sachen wie “Der kleine Prinz” oder “Sophies Welt” bei denen sich nicht um Naturgesetze geschert wird, sprechen mich sogar mehr an als Fantasyroman, vor allem, wenn es Fantasy mit minimalem Anteil an Magie ist, was sich für mich einfach nicht so toll liest.
    Was Familiensagas angeht gehöre ich hier zu den Freaks die den Stammbaum hinterher mit geschlossenen Augen male könnten und ihn von vorne bis hinten auswendig kennen…

    • DillEmma says:

      Hallo Windsprite, die du hast ein ganz schön gefährlichen Blog. Muss ich gleich mal stöbern gehen! Ich hoffe, ich find mich hinterher nicht geistig umnachtet mit locker sitzendem Geldbeutel in einer Buchhandlung wieder ….man kennt das ja….

      Aber zu deinem Einwurf: An sich hab ich nichts gegen irreale Geschichten. Ein bisschen Verschrobenheit und Wahnsinn sollten in jeden gesunden Alltag und viele gute Bücher gehören. Mich hat einfach der plötzliche Genreumschwung so unerwartet getroffen. Vielleicht vergleichbar, wenn im Kino plötzlich jemand eine völlig andere Filmrolle einlegen würde – von “DAs Leben ist schön” zu “Der Herr der Ringe” oder so …da ruft der engstirnige Spießer in mir empört, er möchte doch jetzt bitte wissen, wie’s weitergeht und hätte ein Anrecht drauf, weil hat ja schließlich ne Karte und Popcorn gekauft ;)

  3. Silke says:

    Huhu, wie schön, dass Du auch wieder dabei bist :-)
    Also die Bücher werde ich mir alle mal gedanklich vormerken. Am interessantesten erscheint mit im Moment das von Rita Mae Brown, weil mich die Beschreibung dieser Situation, quasi vor dem VÖLLIGEN UMBRUCH zu stehen, sehr neugierig macht. Das hat ja schon etwas von Sturz in einen Abgrund, irgendwie. Es reizt mich herauszufinden, was Frau Brown aus dem Thema gemacht hat.
    Liebe Grüße, Silke

    • DillEmma says:

      Ich hab es dieses Mal sogar soweit getrieben und tatsächlich mal eine Wunschliste angefertigt ….das schlimme is, da sind nun schon in der ersten Woche zwei Bücher drauf gelandet! Wo soll das nur enden?!

      • Silke says:

        Hehehe, wo das enden soll? Keine Ahnung. Meine WuLi platzt auch schon aus allen Nähten. Wir können ja am Ende des Projektes mal durchzählen… *lach*

  4. Raph says:

    Nun, besser “SIE ist wieder da”, als “ER ist wieder da” – welches eher ein sehr ambivalentes Werk ist. Und Du möchtest alle Runden mitmachen? Nun, ich war auch so … leichtsinnig und äußerte dieses Ziel. Ich biete Dir eine Wette an: DU schaffst es nicht! Garantiert nicht :mrgreen: ICH schaffe es! Wenn Du einschlägst, müssen wir nur noch den (schmerzhaften) Wetteinsatz festlegen …

    LG,
    Ralph

    • DillEmma says:

      Ich fand das Buch gar nich sooo übel …aber dies ambivalente Gefühl beschlich mich ebenfalls ….bzw. saß mir beim Lesen quasi auf der Schulter.

      Da packste mir also am Ehrgeiz und an meinem weithin bekannten Unvermögen bzw. Unwillen zu verlieren Siegeswillen. Ich wette zwar, dass du ähnlich ticken könntest und wir beide als strahlende Sieger durch die Ziellinie sprinten, aber ich wette natürlich gerne auch auf dein Scheitern und mein Glanz, Gloria und Gerlinde.
      Also bei Wetteinsatz erbitte ich mir Bedenkzeit – ick bin ja ein so unsagbar freundliches Gemüt, da fallen mir spontane Sadisteleien janz janz schwer.

  5. MestraYllana says:

    Allesamt sehr spannende Bücher, die du da vorgestellt hast, das muss ich zugeben. Aber was definitiv auf meine WuLi gehüpft ist, das ist Venusneid von Rita Mae Brown – diese Geschichte hat mich einfach total gefesselt und dieses Buch möchte ich unbedingt lesen! Herzlichen Dank für die Vorstellung!!

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