Bekenntnisse einer säkularen Monolibristin

Lesen Entsetzliche Dinge bahnen sich ihren Weg in das Projekt der 52 Bücher. Dinge, die derart unaussprechlich sind, dass sie wirklich nur rein theoretisch existieren sollten. Dinge, die von solch erschreckender Gestalt sind, dass sie niemals auch nur beim tatsächlichen Namen genannt, sondern einzig, und selbst das nur im höchsten Notfall, mit einer leise geflüsterten Abkürzung, nicht ohne verschwörerischen Unterton ausgesprochen werden dürfen. Denn das Thema der 47. Woche ist kein anderes, als das sich materialisierende Desinteresse, fleischgewordenes Aufmerksamkeitsdefizit, eine Schmähung jeglichen Inhaltes. Es lautet

SaB – Stapel angefangener Bücher

Stapel angefangener Bücher

Hierunter fällt eindeutig die Eröffnung einer solchen Abtrünnigkeit, jene geistige Völlerei, jener perzeptive Seitensprung, diese unkeusche kongnitive Gier

Ich bin ja prinzipiell eine Ausgeburt an Toleranz. ABER! Bücher, die mensch nicht mehr lesen mag, werden bitte umgehend wieder ins Regal gestellt, verkauft, verschenkt, von mir aus gar für einen Notfall mangelnder Hygieneartikel im Badezimmer genutzt. Keineswegs jedoch sollte ein solcher Stapel von Nebenbüchern angelegt werden. Steht doch schon im Urbuch geschrieben, “du sollst keine Bücher neben mir lesen”.

Das weitaus fatalere Szenario stellt jedoch die Abtrünnigkeit von Werken dar, welche durchaus den Geist entflammten, dennoch offensichtlich nicht gebührend gewürdigt werden. Hier wird sich nicht etwa auf das Gegenüber voll und ganz eingelassen, nicht mit Leib und Seele versucht aufzusaugen, was es uns erzählen will. Völlig unfähig mit voller Hingabe zu genießen, was ihnen da gerade kredenzt wird, halten sich diese Lesenden so genannte Mätressen-Bücher. Eine Unart! Sünde! Ausschweifendes wie dekadentes Lesertum, was nur auf einen Pfad führen kann:

Direkt in die Redaktion der Bildzeitung!

Ja, liebe Lesenden, lasst das mal zwischen den Zeilen wirken.

Die bekannteste unbekannte Band der Welt bringt jenes populäre Phänomen noch einmal musikalisch auf den Punkt.

Ich kann lediglich mahnen – besinnt euch und gönnt euch Besinnlichkeit – weg mit dem unsäglichen SaB! :mrgreen:

6 Responses to 'Bekenntnisse einer säkularen Monolibristin'

  1. Ralph says:

    In letzter Konsequenz sind die SaB-Besitzer also kreuzunglückliche Menschen, 3-2-1-auf-der-Suche nach dem grüneren Gras … und weißt Du was? Du hast gar nicht einmal so unrecht :mrgreen: Du hast ein durchaus ernstes Thema prima heiter verpackt – danke auch dafür, dass ich erstmals SDP hören durfte. Ein den Geist anregendes Vergnügen …

    • DillEmma says:

      SDP zu verbreiten ist ja quasi eine ähnlich heilige Mission, wie für die Abschaffung des SaB zu fechten :mrgreen:

  2. Fellmonsterchen says:

    Oder auch ganz anders:
    SaB-Liebhaber gewähren je nach Stimmungslage immer dem passenden Buch die Ehre. Hier zeigt sich die geistige Beweglichkeit, die eher noch weiter von der Bild-”Zeitungs”-Redaktion wegführt. :mrgreen:
    http://ulistein-onlineshop.de/pics/prod/9180.jpg

    Aber mal ernsthaft: Es gibt Bücher für ruhige, freie Tage, die ich aber nie nach einem stressigen Tag in der Anstalt lesen könnte, aber Wochenende oder im Urlaub um so lieber.
    Und dann gibt es noch die Bücher, die sich phasenweise etwas zäh lesen (wie das von mir erwähnte “Otherland”), bei denen ich aber trotzdem wissen möchte, wie es ausgeht. Ist einfach für mich keine Lektüre für jeden Tag, und daran kann man schon erkennen, dass die Reihe nie zu meinen absoluten Lieblingen gehören wird, aber ich glaube, dass der dritte und vierte Band besser und für den etwas langatmigen 2. Band entschädigen werden…

    Oder die “Rad der Zeit”-Reihe. Frag mal Ralph, er wird sagen, dass man das als Fantasyfan unbedingt gelesen haben sollte. :-) Sehe ich im Prinzip auch so, aber zwischendrin waren einige Bände eher nicht so doll… Da war es schon schön, auch mal anderes zu lesen, aber es geht nicht, diese nicht ganz so dollen Bände ganz auszulassen. Das wäre einfach nicht richtig, stell Dir mal vor, Ralph würde davon erfahren… *zitter*

    Letztendlich ist es egal, wie viele Bücher auf dem SaB liegen — wenn ich lese, dann bin ich voll dabei, wenn das Buch gut ist und in dem Moment gibt es auch nur das eine Buch, welches ich gerade lese. Ich nenne es partielle Buchmonogamie, um den Buchmätressen mal etwas Moral entgegenzusetzen. ;-) Auch, wenn mein Begriff eigentlich gar keinen Sinn ergibt, aber irgendwas ist ja immer… Hauptsache bekloppt und immer mindestens zwei Limetten im Schrank.

    • DillEmma says:

      Ok ich gestehe, das mit der Bildzeitungsredaktion war etwas gemein. Zu meiner Verteidigung:
      a. Es war Montag.
      b. Mir fiel, festgefahren in meiner biblischen Analogie, schlichtweg kein besseres Gleichnis zu einer lieterarishen Hölle ein.
      c. Es war eindeutig Montag.

      Ich gebe sogar zu, dass ich zeitweise auch mal zu einem Stapelleser mutiere. Aus so ziemlich den gleichen Gründen. Problematisch wird es nur, wenn so ganz hartnäckig zähflüssige Werke so lange in diesem Stapel rumgammeln, mir auf mein Gewissen drücken, den Lesegenuss anderer Schöngeister versauern und letztendlich doch mit diesem Gefühl der Unfertigkeit, des Scheiterns & Nicht-Mehr-Reinfinden-Wollens-oder-Könnens wieder im Schrank landen.
      Glücklich gelebte “Partielle Buchmonogamie” (wieder etwas für die Top-Ten Begriffe meines Jahres) bewunder ich daher wohl insgeheim, was in meiner Unreife jedoch nur zu noch mehr Häme gegen Lesende mit solch beneidenswerten Fähigkeiten führt. Insofern also weiterhin ganz in der Rolle des fundamentalen Christen oder sonstwie ignorant Religiösen aufgegangen – eindeutig ein Stilmittel :P

      • Fellmonsterchen says:

        Ein schlechtes Gewissen lasse ich mir mittlerweile nicht mehr so schnell von angefangenen Büchern einflüstern, aber ein Problem ist, dass, wenn man sie zu lange gar nicht beachtet, man oder zumindest ich wieder von vorn anfangen könnte, weil einiges vom bösen Monster namens VERGESSEN gefressen wurde…
        Das Argument Montag rechtfertigt übrigens so gut wie alles. Ich mag diesen Tag nicht. Er ist meistens böse.

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  1. [...] Ersteres: “Hamwa nich!” [...]

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