HALBZEIT

Lesen

Morgen beginnt das Halbfinale und spontan fiel mir noch ein wirklich wichtiger Artikel ein, der ganz einsam zurückgelassen im alten Blog schlummerte und darauf wartete auch endlich mit umzuziehen. Aber er musste warten, denn nicht nur der Anlass zum Verfassen des beitrages war hochgradig traurig, der Titel war einfach zu passend um ihn nicht erst während der EM und auch noch zum Halbfinale aus der Versenkung zu holen. Auch wenn sich der Ball nun anschließend nicht um Fussball drehen wird:

ES IST HALBZEIT (und übermorgen CAPS-LOCKDAY!)
….peim puscheligen PücherProjekt präsentiert py pompösem Pon Pon-Prachtmonster, Prinzessin Plausch-Flausch

Hochverehrte Damen und Herren, geschätzte Monster, wie ich eindringlich demonstrieren konnte, Alliterationen sind eindeutig nicht meine Stärke. Aber mein eigener Titel sowie die Gesamtsituation rissen mich glatt in den Überschwang.

Bergfest

Sachen, die sich dem Ende neigen, beängstigen mich - ich plädiere auf Verlängerung und ein endloses Elfmeterschießen

Halbzeitbilanz – Projekt 52 Bücher

Ich bin irgendwie ziemlich froh, im Rückstand zu sein – ja, dies ist bezüglich einer Halbzeitsansprache sicherlich eine selten gemachte Aussage. Neben den noch ausstehenden Themen habe ich aber somit auch noch einige andere in der Hinterhand, über die ich mir Gedanken machen kann und mit denen ich die Schubladen für schon gelesene oder noch zu lesende Bücher etikettieren darf. Fühlt sich ein wenig so an, wie die Beruhigung, wenn man mit dem Rauchen aufhören will und noch schnell eine Notschachtel irgendwo vor sich versteckt.
Da ich so gerne Listen mache – hier eine kleine Übersicht, zu meiner bisherigen ganz persönlichen Ausbeute am Projekt der 52 Bücher:

  • es bereitet ganz einfach monstermäßig Vergnügen
  • Eine aus den Nähten berstende WuLi
  • Die Bekanntschaft mit dem Wort WuLi
  • Das Wissen um die Existenz weiterer spannender, bescheuerter und sogar lehrreicher Blogs

Das Wissen, dass über Online Rollenspiele zu schreiben, nicht halb so spaßig und vielfältig ist, wie über Bücher (aber pssst – dieser Stein der Weisen is streng geheim ;) )

Ja, Abstinenz von liebgewordenen Gewohnheiten ist nie leicht, selbst wenn man sich manchmal über sie ärgert – sei es nun der Rauch in den Klamotten & die Kurzatmigkeit beim Ausdauersport oder eben die Themenvorschläge des Bücherprojekts, welche einem manchmal so lange durch den Kopf schwirren, bis man sie endlich geknackt hat.

Jedes Ende ist ein neuer Anfang

Wo eine Tür zugeht, öffnet sich die nächste.
Auf diese grandiose Erkenntnis genehmigen wir uns noch eine Liste. Diesmal zum Thema positives hinter dem langsamen, aber unaufhaltsam näherrückenden und dennoch scheinbar weit entfernten Ende des Projekts:

  • endlich Zeit haben, die ganzen Bücher zu lesen, welche sich durch die verschiedensten Beiträge in meine WuLi geschlichen haben
  • genug vom Projekt gelernt haben, um mal die Disziplin und Fantasie für ein eigenes aufzubringen
  • Tolle Sachen in Verluste hereininterpretieren
Genug der Heulerei! Es liegen glücklicherweise ja noch zahlreiche mehr oder wenig bekloppte, kreative, witzige, bierernste, aus der Luft gegriffene und auch ins Klo zu gießende Themen vor uns. So auch in der verspäteten Bücherwoche 26
Also ganz ehrlich? Soll’n dit? Nicht, dass mir solch Regungen bei Literatur fremd wären. Lateinbücher zum Beispiel – eigentlich faszinierend, wenn man das Zeug nicht anwenden müsste.
Phsychisch tiefergehen sind aber jene Werke, bei welchen man sichbeispielsweise viehisch ärgert, dass man sich so reinziehen lässt in den jeweiligen Roman und die Gedanken der Hauptfigur und findet es sowieso voll blöde, wie sich der Protagonist, dermaßen dämlich verhalten kann – oft gerade weil man im wirklichen Leben eben mit großer oder kleiner Wahrscheinlichkeit selbst in diese Falle gerutscht oder zumindest Gefahr gelaufen wäre dies zu tun. Da einem eben der Blick des auktorialen Erzählers so mitten im Geschehen abgeht. Das ist jedenfalls so ziemlich das einzige Szenario, welches mir bei der Thematik so in den Sinn kommt. Sicherlich in unterschiedlichsten Abstufungen, was den Grad der Verurteilung gegen die literarischen Akteure angeht oder aber auch was die berührende Abscheu bei der Selbstreflektion betrifft. Jedoch irgendwie in diese Richtung geht mein Gefühl. Das Problem ist allerdings, dies nun mit einem konkreten Buch zu verbinden. Das einzige, welches mir dabei sofort durch den Kopf schießen würde, hatte ich zum einen schon im Bücherprojekt behandelt, zum anderen ist es irgendwie auch entlarvend. Das fatalste an der Sache ist jedoch: Dieses verdammte Buch, würde sich auch wunderbar ins Thema der nächsten Woche einfügen: Nationalsozialismus, der schwarze Fleck auf Selbstwahrnehmung, Seele und Vergangenheit.
Da einem beim U-Bahn-Fahren ja bekanntlich immer die besten Gedanken kommen – Verwirrte Menschen behaupten entgegen dieser wissenschaftlich fundierten Tatsache ja, der Ort, solcher Erleuchtungen wäre das Klo – ein durch Filme wie Zurück in die Zukunft geprägter Irrglaube – Sei’s drum, mir fiel jedenfalls ein noch nicht hier erwähntes Werk ein:
Christiane F: Wir Kinder vom Bahnhof Zoo
Die Geschichte jener autobiografischen Aufzeichnungen aus dem Leben von Christiane Felscherinow und der Beschreibungen aus der Drogenszene Berlins, sind sicher hinlänglich bekannt, das Werk gehört teilweise ja sogar in den Aufklärungsunterricht an der Schule oder wird von den Eltern zur Abschreckung verabreicht. So überließ auch mein Vater mir jenes Buch damals im Alter von 11Jahren, sicher mit den besten Absichten. An dieser Stelle ein kleiner, aber eindringlicher Hinweis:

Liebe besorgten Mütter & Väter,

Lasst es!
In bestimmten Altersabschnitten übt diese Leidensgeschichte, trotz oder gerade wegen der tiefen Einblicke in die dreckigen Ecken der Drogen- und Prostitutionsszene eine nicht unbedingt nachzuvollziehende Anziehungskraft auf viele Jugendliche aus. Das liegt sicherlich auch daran, dass die gute Christiane sich zum Zeitpunkt der Spiegel-Interviews noch nicht von jenem Leben distanziert hatte. Klar sind die Abgründe solcher Karrieren offensichtlich, aber durch alles schimmert auch der Reiz jener Gefahr, das Turnen auf dem schmalen Grat eines Vulkans, zu beiden Seiten der Thrill des tödlichen Abgrunds, welcher die Freiheit und das Machtgefühl jenes Balanceaktes noch spürbarer gestaltet. Die eigene Sterblichkeit zu Realisieren ist jedoch ein Vorgang, der in diesem Alter gerade noch aktiv im Verarbeitungsprozess ist und tiefe Gefühle auslösen kann, was wiederum zur Theatralik neigende Individuen stark fasziniert. Jene, die noch in der Phase einer vermeintlichen Immortalität festhängen werden ebenso herausgefordert.
In einer Lebensphase, wo Abgrenzung zu vorgelebten Lebensmodellen und das Finden des eigenen Weges eine übergeordnete Rolle spielt, werden solch unterschwellig glorifizierenden Darstellungen erfahrungsgemäß öfter als gedacht, von den adoleszenten Lesern fälschlicherweise eher als leuchtender Wegweiser interpretiert.

Es gab eine Zeit, da kam diese Biografie für mich, bis dato größter Drogengegner und Vernunftmensch, der erweckenden Wirkung einer Bibel gleich.

Herausforderung angenommen

"So - die kleine Babs war also mit 14 Jahren die Jüngste Drogentote Deutschlands?" - Wahnwitz und Irrealität von Menschen des Zeitabschnittes "Kaum Kind mehr , noch nicht erwachsen"

Dementsprechend häufig wurde dieses Werk auch von mir verschlungen, durchdrungen und zerlesen. Vermutlich habe ich mich danach keinem Buch mehr so intensiv und häufig gewidmet. Mir sind später so einige über den Weg gelaufen, denen es mit jenem Schriftstück ähnlich ergangen ist.
Seit einigen Jahren ruht das gute Spiegel-Werk im Giftschrank – wie so einiges anderes auch.

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