Verdammte Axt! Woche 23 im Projekt der 52 Büchern – diese Zahl kann ja nur Unheil bringen. In diesem Fall durchkreuzt mir das Thema
mein ursprünglich zur Aufholjagd vorgesehenes Thema. Das folgende Buch hätte auch herrlich in die 2. Woche mit dem Motto
“Psssst, jetzt kommt ein Geheimnis!”
gepasst. Aber dann würde ich die Gelegenheit ungenutzt verstreichen lassen, alle fünf so unvereinbar scheinenden Stichworte der magischen 23 mit einem Streich zu erwischen. Dies widerum ist mir ein tiefes inneres Bedürfnis.
Daher gewähre ich diese Woche einen kleinen Einblick in
Das geheime Leben der Bücher
Zunächst ein paar Jubelstürme: Oh, welch zutiefst lyrisches, kurzweiliges und umwerfend poetisches Büchlein!
Das geheime Leben der Bücher ist ein geräuschvolles Buch voller tiefenentspannender Stille, dessen Geschehen sich am stetigen Dingelingdingeling der Türglocke jener Buchhandlung entlangrankt. Eine Buchhandlung, die niemals geschlossen hat, da der Buchhändler den Gedanken nicht erträgt, jemand könnte auf der Suche nach einem Buch vor verschlossenen Türen stehen. Dennoch ist er nicht Mr. Altruist in Persona, so kommt es auch schon mal zu einer Schlägerei mit einem Kunden, weil dieser ein bestimmtes Buch kaufen möchte, welches der Buchhändler jedoch schlichtweg nicht hergeben mag. Die Liebe zum geschriebenen Wort strömt in diesem Werk aus jeder einzelnen Zeile und wem vorher noch nicht klar war, wie magisch Lesen sein kann, wer dieses Wissen vielleicht vergessen, vergraben, verdrängt hat, den trifft diese Erkenntnis wieder wie ein sanfter Donnerschlag.
Über Ostern genehmigte ich mir jenes Werk als köstliche Beilage zu einem entspannenden Kurzurlaub. Ich las im flackernden Schein des Osterfeuer über die kruden Eigenheiten & Marotten des anonymen Buchhändlers, der Seiten aus den Büchern reißt, wenn diese ihm nonverbal vermitteln, dass sie in die Hände seiner Geschwister gehören, denen er sie dann kommentarlos schickt. Selbst während der Eiersuche war es kaum möglich das denkwürdige kleine Fundstück der Surrealität zwischen zwei Buchdeckeln aus den Händn legen. Den Auftritt des Osterhasen verpasste ich wie jedes Jahr, doch diemal glücklich vertieft in die Welt der kleinen Buchhandlung, in welcher Bücher atmen, Gott mal angepisst, mal wohlwollend ein- und ausgeht und die Philosophie in den Regalen schlummert. Da guck, die ersten Stichworte sind schon weg – Feuer, Eier, Hasen & Urlaub – war bestechend einfach, weil sich ja die äußeren Umstände doch alle wieder irgendwie auf Ostern zurückführen lassen, so abwegig waren die kleinen Themenpunkte da wohl gar nicht gewählt. Und auch wenn das Osterfest an sich ursprünglich einen tief christlichen Ursprung hat und damit der Religion locker alle Türen und Tore geöffnet sind, so einfach möchte ich es mir dennoch nicht machen. Denn auch Das geheimnisvolle Leben der Bücher bietet in dem zunächst zusammenhanglos wirkenden Wust aus winzigen abstrusen Alltagsbetrachtungen und Kurzgeschichten, welche sich letztendlich doch zu einer grandiosen Geschichte voller Schönheit, Fantasie und Tragik formen, einen wunderbaren kleinen Ausflug in die Welt der Religion. Wir folgen den Gedanken des Buchhändlers, was nahezu das gesamte Leseerlebnis prägt, da er aber völlig in der Welt seiner Bücher aufgegangen ist, sich selbst auch schon als gestorben betrachtet, hängen wir einer vielseitigen Gedankenwelt nach, zusammengesetzt aus einer fantasievollen Mischung der epischsten Romanen und den irrwitzigen Banalitäten des Alltags, welche aus einem wunderbar anregenden authentischen und ebenso beruhigend irrealen Blickwinkel betrachtet werden.
Achja der Religionsaspekt: Eine nichtssagende kleine Ansicht, die sich dahinplätschernd in die restlichen Geschehnisse eingliedert. Zusammengefasst ohne zuviel zu verraten, lediglich der Glaube, welchem der Buchhändler bezüglich eines Lebens nach dem Tode nachhängt. Einfach aber wirkungsvoll beschrieben, erwartet einen jeden genau das nach dem Lebensende, was man sich zu Lebzeiten ausmalt – und so malt der Buchhändler emsig in Gedanken. Und auch wenn die Konstrukte “Himmel & Hölle” damit nur auf jene warten, welche eben daran glauben, sitzt Gott gern in der Buchhandlung rum, auch wenn er ab und an beleidigt die Buchhandlung verlässt.
Das Übermaß an Personifizierungen weckt soviel Leben auf den doch bedauerlich wenigen Seiten dieses außergewöhnlichen Büchleins, dass es einem beim Lesen vor Lebendigkeit überall kribbelt.
[...] vorm Verfassen des gestrigen Artikels (nur deswegen konnte ich mich überhaupt dazu durchringen, Das geheimnisvolle Leben der Bücher vorher schon preiszugeben [...]