Märchenhafte Romantik zur Valentins-Bücherwoche

LesenDie romantischen Zeiten sind vorbei. Nicht nur, dass wie bereits erwähnt, dies Jahr die Existenz vom Valentinstag mathematisch außer Kraft gesetzt war. Nun hat das gute alte deutsche Märchen vom bösen Wulff auch noch sein jähes zähes Ende gefunden.

Deutschland ist wieder ohne Königspaar!

…nach dem Abdanken von Prinz G. und der holden Prinzessin Stephanie von und zu “wir basteln unsren eigenen Pädophilen, geben dem Internet die Schuld, tun so, als ob wir höllisch was dagegen tun würden, wissen aber dass die heroisch wirkende Anzeige nach Abschalten der Kamera konsequenzlos, da gerichtlich untauglich bleibt” (mir kommt jetzt aber keiner an, von wegen ‘sperriger Titel’ der Hang zur exzessiven Namenswahl ist angeheiratet, da kann ich nichts für) ist nun mit einer verblüffend ähnlichen Wortwahl auch der Schlossherr abgedankt.

Ende der Märchenstunde

Ende der Märchenstunde - Lehrjahre sind immer noch keine Herrenjahre

Aus ist’s mit der romanischen Märchenstimmung von Monarchie & Harmonie.

 

 

 

 

Nichtsdestotrotz ist diese Woche bei den 52 Büchern

romantisches Zeuchs

angesagt. Als eingefleischter Nicht-Leser jeglicher Schnulzen und Groschenromane – zum Leidwesen meiner Stammesältesten, strampel ich hier abermals auf dem Trockenen. Diese Attitüde zieht sich ja mittlerweile stringent wie ein roter Faden eine rote Pipeline der Liebe durch meine Beiträge.

Kerzenlicht, Herzschmerz & Süßholzraspeln

Aber sind wir doch mal ehrlich: Übertrieben herziges Gehabe wirkt nicht nur für Außenstehende albern, sondern selbst als involvierter meist ungewollt komisch (ein großes Sorry an meine hochromantisch veranlagte bessere Hälfte an dieser Stelle – ich mag dein stereotypes Abfeiern von Klischees und finds auch ganz rührend, dass du meine überzogenen Parodien darauf zu schätzen weißt)

Nein – ich kann ursprünglich nicht wirklich etwas mit diesen künstlich anmutenden Riten und Gebräuchen anfangen. Ich bin ein absoluter Flirtvollhonk, Hochzeiten sind mir ein Rätsel und ich empfinde es als traurig, Blumen in Vasen vor sich hinsterben zu sehen. Ich bin kein

Big Bang Knock Knock

Sheldon Cooper - ich kann durchaus etwas mit Nähe anfangen

Aber ich bevorzuge echte Natürlichkeit und unabgekupferte Spontanität. Romantik liegt schlichtweg in besonderen einzigartigen Augenblicken, in welchen man diese gefühlte Mauer im Kopf durchbrechen kann und das Gefühl bekommt, Telepathie sei doch möglich und man könnte vor Nähe platzen. So da nun endlich doch dieses triefige Motiv in meine Gedanken gedrungen ist, möchte ich das Buch vorstellen, welches mir als einziges zu dem Thema so recht in den Sinn kommt. Prinzipiell sind es sogar zwei Sternstunden der Liebes-Lektüre. Beide stammen aus der Feder derselben Autorin, über die man sicherlich gespaltener Meinung sein kann: Sarah Kuttner. Sicherlich so manchem noch ein Name beim Wegzappen von VIVA. Als Berliner ist einem vor allem ihr Vater ein Begriff, welcher lange Zeit die kultigste Radioshow von überhaupt überall moderierte. Dieser Mensch mit der besonderen Stimme und dem noch ausgefalleneren Humor, weckte mein frühkindliches Interesse für Philosophie (in meinem Kinderhirn wurden damals untrennbare Verknüpfungen erstellt, zwischen dieser griechischen Weisheitsliebe & Komik im allgemeinen – die verantwortlich wurden für die Wahl meiner Leistungsfächer im Abi. Kindliche Naivität kann ja so herrlich reduziert fokussieren…)

Mängelexemplar oder Wachstumsschmerz?

Beide Bücher der Sarah K. handeln irgendwie von der Liebe. Das erste vom Entstehen der Partnerschaft und den wirren Gedanken mit denen sich das zivilisierte Individuum dabei so rumzuschlagen hat. Der zweite und weitaus tiefergehende Roman erzählt eher vom Verlust derselben. Beide Bücher trafen mich zu perfekten Identifikationszeitpunkten an.

Mängelexemplar

Der erste Bestseller von Mademoiselle Kuttner handelt von der Phase nach einer Trennung und dem Neu-Verlieben und den Überlegungen, ob und wie man das überhaupt will oder gar gut findet. Zukunftsängsten & Angst vor Einsamkeit wird auf eine wunderbar realistisch irrealle Art begegnet, die ein immenses Maß an Komik und Wiedererkennungseffekt birgt.

Wachstumsschmerz

An das zweite Werk bin ich mit hohen Erwartungen an die Komik herangegangen und wurde trotz wesentlich zurückhaltendem Einsatz derselben nicht von der Geschichte und Erzählweise enttäuscht. Wachstumsschmerz erzählt in Rückblicken die letzten, eigentlich doch so glücklichen Momente einer wahrhaft großartigen Liebe, welche scheinbar an den großen Fragen des Erwachsenwerdens und Diskrepanzen zwischen Erwartungen an sich und von der Gesellschaft ans eigene Ich scheitert. Es handelt vom Blick auf die Liebe, wenn der Partner fort ist, was ja ein durchaus schmerzhaft intensiver Blickwinkel sein kann und in diesem Falle ist. Gerade die dunkle Traurigkeit lässt die Romantik vergangener Zeiten erst in ihrem hellen Licht erkennen. Die Beschreibung von Hoffnung und dem Klammern an so intensive Momente, aber auch die Frage nach Schuld sind so wunderbar unüberladen und unschmalzig dargestellt, dass ich mich in diese trockene und triste Romantik der Qual ohne triefiges Selbstmitleid wunderbar verlieben konnte. Das Ende gab mir sowohl einen nachhaltigen Tritt in die Magengrube als auch einen in den Hintern, was ich für eine überaus gelungene Wirkungs-Mischung halte.

Die beiden Romane im Vergleich behandeln also fast ein und dasselbe Thema, jedoch aus so unterschiedlichen Perspektiven und in solch differenzierter Stilistik verfasst, dass beide vollends würdig sind, sie mal eben zu verschlingen. Dauert ja nicht lange, da es Stoff ist, der sich mal eben so wegliest, einem aber gedanklich noch einige Zeit im Nacken sitzen bleibt.

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  1. [...] gute Tochter unseres nächsten Talkgastes hat uns bereits am Valentinstag das Herz mit romantischem Zeug geöffnet. Meine Damen und Herren, wir dürfen sogleich in unserer illustren Runde den [...]

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