Die Rezension als Rezept_ionist_in

Projekt 52 BücherEs ist wieder Bücherzeit und diese Woche sollte mir das Thema ausgesprochen leicht fallen, denn es ist von mir und ich weiß sogar noch, wie beziehungsweise wieso ich darauf kam:
Diese Rezension! (…ist so viel kunstvoller als das Buch *schmacht* / …hat ja wohl den Popo offen! Man sollte sie verbuddeln! Mit’m Gesicht nach unten und überhaupt! / …hat mich vor dem Bösen bewahrt / …hat mir den Weg in den Lesehimmel gewiesen)

Vorweg sei erwähnt, dass ich herkömmlichen Rezensionen eigentlich eher wenig Beachtung schenke. Sie bewirken selten, dass ich mir tatsächlich in Buch kaufe, noch dass ich die Finger davon lasse. Einen derartigen Einfluss besitzen höchsten Klappentexte, Cover, Bauchgefühl oder Empfehlungen von geschmacklich kompetenten Freund_innen. In letztere Kategorie fallen allerdings auch einige Beiträge diverser Mitstreiter_innen der 52 Bücher. Rezensionen des Feuilletons lasse ich allerdings zunehmend komplett ungelesen.
Die Rezension an sich spielt sich bei mir also nicht unbedingt als die Rezeptionistin in der Hotellobby zum Leseerlebnis auf, die einem schon bei der Ankunft am Reiseziel durch flapsiges oder schleimiges Verhalten klarmacht, wie der Aufenthalt die nächste Zeit so laufen wird. Vielmehr ist sie so eine Art Beipackzettel: Manche Nebenwirkungen treten ein und andere treffen eben nur den Unglücksraben unter Zehntausend. Bei diesem Gleichnis wird Literatur irgendwie zum relativ berechenbaren Glücksspiel, entweder sie wirkt wie vorgesehen oder man findet sich Blut kotzend im Rinnstein wieder. Der Rest landet auf dem Index oder wird gar nicht erst zugelassen – Schrägstrich – verlegt. Passt! …oder ist die Rezension dann gar Rezept und Beipackzettel? Gibt es Bücher, die unters BTMG fallen (sollten)?

Rezensionen zum Hören

Auf RadioEins gibt es wöchentlich eine Sendung namens “Die Literaturagenten”. Neben einer, von irgendwelchen offiziellen Bestsellerlisten unabhängigen Bücherliste, die sich vor allem an erfragten Verkaufszahlen ausgewählter Buchläden in Berlin und Brandenburg orientiert, wird hier auch stets das ein oder andere Buch vorgestellt, darüber gestritten oder sich mit den Autor_innen drüber unterhalten. Hier mag ich die persönliche und sehr außergewöhnliche Auswahl der Bücher wirklich ziemlich gut leiden und vertraue empirisch auch großteils den Meinungen der Moderator_innen.

Die Rezension zum Themenvorschlag

Auf das Motto kam ich übrigens nach dem Lesen einer Rezension, wenn das in dem Fall so genannt werden kann, von André Herrmann. Der Poetry Slammer hat in seinem Blog ein Experiment gewagt:
Eine quasi Livezusammenfassung des Inhalts und seiner eigenen Gedanken beim Lesen von “50 Shades of Grey”.
Warum er dieses Martyrium, denn nichts anderes kann dieser Prozess gewesen sein, auf sich genommen hat, erschließt sich mir zwar nicht. Doch dafür sorgte jener offensichtlich masochistische Chrarakterzug in ihm für einen detailierten wie brillanten Exkurs in menschliche Abgründe. Abgründe witzigster Langeweile, komischster Fremdscham und sogar gesellschaftskritischer Diskurse. Diese “Rezension” findet sich unter dem aussagekräftigen Titel “50 Shades of nee, ey“. Eine echte Rezension zum Liebhaben. Von der Länge her sogar etwas für einen lauschigen Abend vor dem Kamin. Hinterher fühlt man sich derart erschöpft, als hätte man es geschafft, sich selbst durch das Original zu quälen, so mitreißend ist diese Schilderung einer offenbar überaus leidvollen Erfahrung gehalten. Dennoch bleibt die beruhigende Gewissheit es eben nicht getan und nichts verpasst zu haben. Zudem konnte ich mich als Passivleser dieses Romans sicherlich weitaus köstlicher amüsieren, als es der Herr Herrmann tat.

8 Responses to 'Die Rezension als Rezept_ionist_in'

  1. vershadesich says:

    also allet hab ick da jetzt noch nich jelesen, erstma nur Buch 1, also inner Rezension, hatter schön jeschriem, nur kommt grad in mir der Drang uff die Bücher zu koofn, ick weil ooch jern warum, weil, dit gloob ick ja fast jarnich dass dit so ein Dummfug is, erinnert mir schwer an Rosi Pilcher, dit selbe in grün, nur Stadt und nich Land, ick befürchte dit jehört jeprüft

  2. Raph says:

    Nun, über die Qualität des Hausfrauen-Dungeons vermag ich nichts zu schreiben. Aber es gibt natürlich einen Unterschied zwischen Fesselsex und fesselndem Sex, in dem sicher auch gebunden werden darf. Wie ich in meinem Beitrag zum Thema ja dezent anmerkte, halte ich auch nicht viel von Rezensionen, mag aber sehr wohl Meinungen über Bücher hören. Doch schlecht wie ich von Grund auf bin, habe ich nun den passenden Wetteinsatz für Dich gefunden, wenn Du unsere Wette verlierst: Du musst eine “Rezension” über die 50 Schattierungen von Grau schreiben und 10 Gründe nennen, warum viele Menschen dieses Buch offensichtlich so begeisterte, dass es zum Bestseller wurde (Ich scheine doch über eine gewisse, mir bisher unbekannte, sadistische Ader zu vefügen. Was Du in mir so alles weckst :mrgreen: ). Natürlich musst Du dieses Werk dafür auch komplett! durchackern – aber nicht alle Situationen auch nachstellen ;-)

    • DillEmma says:

      Zuerst: ICH HABE EINE NEUE TASTATUR! Juchei! ic muss also nic mr so scribn

      Dann: Da erscheint mir ja mein Wetteinsatz regelrecht harmlos gegen, Mr. WieauchimmerderKerlausdemBuchhieß (war es womöglich tatsächlich Grey?) – aber ich nehme an – derartige Voraussetzungen treiben ja nur noch mehr dazu an, das Tempo hier wieder hochzuschrauben.

      Zuletzt: Ich lernte vorgestern eine Frau und ihre Wohnung kennen. Wie üblich machte ich mir natürlich zunächst ein Bild vom dortigen Bücherregal (bekanntlich einer der besten Wege Menschen einzuschätzen) Auf den ersten Blick viel interessantes und sogar so einiges mir bekanntes. Ein (hinterhältiger?) Blick in die zweite Reihe offenbarte dann ziemliche Abgründe. Dort standen dann lauter peinliche Werke unter anderem auch jene grauen Schatten. Dennoch fand ich’s interessant, dass es der Wohnungseigentümerin sehr wohl bewusst zu sein schien und sie zudem einen solchen Wert darauf zu legen schien, welche Bücher öffentlich zur Schau gestellt werden können und welche besser vor den geneigten Besuchern verborgen bleiben sollten. Ich fühlte mich anschließend schon ein wenig schmutzig, so tief in die Privatsphäre eingedrungen zu sein. Zu meiner Verteidigung, ich kannte eine solche Zweireiherordnung bisher nicht….

      • Ralph says:

        Du denkst ja daran: Neues Jahr, neues Glück und so … und an die 52-Bücher-Challenge natürlich. ICH habe dafür [sic!] sogar ein neues Blog gebastelt … ;)

  3. Fellmonsterchen says:

    Huhu… Lebenszeichen? Bittttteeee??
    PS: Dunkelschlumpfi bloggt wieder!!!
    http://www.tellerrandhorizont.de/
    Guten Rutsch und ein epochales 2015 wünsche ich Dir!

    • DillEmma says:

      Wow ok Antwortszeit nur 2 Jahre 15 Tage und 16 Stunden und 2 Minuten. (Schwer zu überbieten – dies ist keine Challenge-Herausforderung …ok – ich bin gespannt und werde hier in drei Jahren nocheinmal vorbeischauen)
      Öhm Ich lebe. Der Dunkelschlumpf hat zwischenzeitlich sicher schon diverse Male wieder angefangen und aufgehört zu bloggen. Ich bin ein leiser Leser gewesen und habe den zwischenzeitlich immer mal wieder schwallartig erscheinenden Leseeindruck, diverse Fotofluten und auch die plötzliche Liebe zur kleinen Elphi durchaus aufmerksam verfolgt – keine Paranoia :p
      Ich wünsche ein epochales 2015 gehabt zu haben – meins war weltbewegend (Danke – also meine kleine Welt hat es tatsächlich komplett erschüttert und umgedreht) und ein noch puschligeres 2017

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