Eine häufig verschätzte Spezies unserer Internetlandschaft ist der “Gemeine Forentroll” (Trollus forum primarius terroris). Häufig werden ihre Beiträge als sinnentleert, störend oder provozierend empfunden. Alles nur ein Missverständnis? Ja! Immer noch zu geringes Augenmerk wird auf das rapide Fortschreiten von Evolution beim Troll schlechthin gelegt. Das stupide Trollen wurde mittlerweile vielerorts vom verkannten Einzelsport über das Massenphänomen zu einer wahren Kunst kultiviert. Das entstandene Potpourri innerhalb jener Troll-Kultur gleicht förmlich der Artenvielfalt unter Darwinfinken.
Troll-Evolution
Herausstechendes Merkmal dieser stammesgeschichtlichen Entwicklung ist insbesondere die rapide Steigerung an hintersinniger Intelligenz. Waren Trolle einst noch, ob ihres hohen Nerv-Potenzial, tendenziell eher Störfaktor innerhalb mehr oder weniger hilfreicher Diskussionen, schalten diese Wesen sich mittlerweile vermehrt mittels brachialem Sarkasmus in stumpfsinnige oder moralisch (von den meisten Teilnehmern unbemerkt) aus dem Ruder laufende Diskurse ein. Geistreiche Forentrolle schaffen so kreative, bereichernde oder schlicht einfach nur belustigende Wendepunkte in eingefahrenen Diskursen. Sie bringen manch hochgekochte, verfahrene Situation zurück auf die Metaebene, setzen wichtige Impulse oder geben mittels Polarisierung Denkanstöße in völlig neue aber auch abwegige Richtungen. So man sie denn ernst, jedoch nicht wörtlich zu nehmen versucht, kann diese Art von Kommunikation überaus bereichernd auf alle Beteiligten wirken. Neumodische Trolle wandeln hierbei zunehmend auf den Pfaden eines Till Eulenspiegel der Moderne. Nicht nur innerhalb der virtuellen Kommunikation entwickelt sich professionelles Trolling damit rasant zum subtilen Stilmittel.
TrollCon – Trolle aller Länder vereinigt euch!
Soviel erstmal dazu, wieso ich es für notwendig halte, einmal eine Lanze für ausgewählte Trolle dieser Welt zu brechen. Jene, die Vergnügen schaffen und Sinn stiften. Das ursprünglich der nordischen Mythologie entsprungene Wesen treibt seinen Schabernack natürlich nicht nur im Internet, wo es bevorzugt in Diskussionsforen anzutreffen ist. Natürlich haben Trolle ihre ganz reale Entsprechung in der Außenwelt.
So finden sich die Forentrolle dieser Welt 2012 zum ersten Mal auf der 1 internationale TrollCon zusammen. Die Trollcon findet vom 20. bis 21. Oktober in den Räumlichkeiten des RaumZeitLabors in Mannheim statt. Trolle aller couleur haben hier kostenlos Zutritt, dürfen sich freiwillig mit konstruktiven oder gar artspezifisch sinnfreien, jedoch kreativen Beiträgen an der Veranstaltung beteiligen. Eigene Troll-Beiträge müssten jedoch alsbald vorab eingereicht werden.
Ein Beitrag im Rahmen der Veranstaltung steht schon fest: Der Trollexperte Stefan Krappitz wird seine Diplomarbeit über das Thema “Troll Culture” vorstellen. Wissenschaft kann so großartig sein. Sobald sich Trollologie als Studiengang etabliert hat, finde sicher auch ich meinen Weg zurück an die Universität.
Gesellschafts-Trolling im großen Stil
Die Grenzen zwischen kostruktiv intendiertem Trollen, spaßig kreativem Trolling, aber auch dem dümmlichen Rumgeflame verlaufen oft fließend & nicht immer eindeutig. Dennoch werden der Troll-Kultur immer wieder von ihresgleichen Denkmäler gesetzt. Ob musikalisch:
Oder auch im herkömmlich architektonischen Sinne, wobei die Symbolik hier eine gravierende Rolle spielt, denn einfach eine Statue mit dem Abbild eines Trolles aufzustellen, wäre der Subtilität solcher Spezies sicherlich nicht angemessen:
Das Stadion des SpVgg Greuther Fürth hat mittlerweile eine wahre Odyssee in Sachen Namensfindung durchmachen müssen. Die Arena der Fürther Fußball-Mannschaft “Sportplatz am Ronhofer Weg gegenüber dem Zentral-Friedhof” (wobei solch ein schlagkräftige Namenskonstrukt sicherlich den Zeiten von Regional- & Oberliga durchaus angemessen ist) erfuhr mit Vergrößerung des Stadion auch eine Verkürzung des Namens zum “Sportpark Ronhof“. Böse Zungen behaupten ja, statt der Namenskürzungen, hätte beim Ausbau besser auch woanders auf das Beisammenhalten von Ressourcen geachtet werden müssen, denn die mit dem Aufstieg notwendigen baulichen Erweiterungen, öffneten trolligen Sponsoren Tür & Tor. Nachdem einige Jahre der niedlich klingende Name “Playmobil-Stadion” massenhaft Kontrahenten vor Lachen in die Knie zwang und so mit psychologischer Kriegsführung der Klassenerhalt in der 2.Liga langfristig derart konstant gehalten wurde, wie bei kaum einer anderen Mannschaft, mussten härtere Bandagen her, um endlich auch den Aufstieg in die 1. Bundesliga des Deutschen Fußball zu erreichen. Ein weiterer Namenswechsel sollte innerhalb von lediglich zwei Saisons den gewünschten Erfolg mit sich bringen: Die “Trolli-Arena“. Zu Tarnzwecken des Projektes “Troll-Denkmal” schoben die Verantwortlichen jegliche Schuld auf die neuen Sponsoren der Mederer Süßwarenvertriebs GmbH. Doch offensichtlicher könnte die Botschaft ja wohl nicht sein.
Wichtige Fakten über Trolle (in aller Kürze)
Trollen ist hochgradig ansteckend. Die Spezies Troll spaltet sich nicht nur selbst in diverse Unterarten auf, sondern agiert zur zusätzlichen Verwirrung auch in anderen biologischen Spizifizierungsmodellen Arten-übergreifend, ja selbst Maschinen können infiziert werden.
Die Troll-Kultur ist geschichtlich tief verwurzelt. Erste Trolle werden bei den Maya unter den Kalender-Beauftragten vermutet, ob hier sogar der Ursprung des Trolltums liegt, oder gar das Erschaffen der Menschheit an sich schon gekonntes Trolling war, bleibt weiterhin ungeklärt.
Neben sinnhaftem & sinnfreiem Getrolle unterscheiden sich auch diverse Mittel zum Transport der Botschaften: Der symbolische Troll, wie beim Stadienbau. Der gemeine Forentroll, welcher vorwiegend im schriftlichen Diskurs beheimatet ist. Trollus audiovisuellus (weit verbreitet in Schlger & Pop-Musik, hier kann man aber nie sichergehen, ob man es gerade mit einem echten Troll oder einem ernsthaften “Sänger” zu tun hat), Trollus olfaktorus (nicht mit gemeinen Stinkern zu verwechseln) und nicht zu vergessen jene Trolle, die sich vorzugsweise dort aufhalten, wo ihr Wirken besonders lange überdauert. Nämlich an einflussreichen Machtpositionen, im Städtebau oder der Politik. Man vermutete ja manchesmal schon, dass es sich bei der FDP in Wahrheit mit einem Verein schelmischer Trolle handelte, welche dem dummen Wähler lediglich auf fatale Weise vor Augen führen wollen, wachsam am Wahlzettel oder möglichst schon lange davor zu sein. Leider beruht diese Annahme keineswegs auf Fakten. Die Wahrheit ist weitaus schlimmer: Die FDP meint das alles ernst!