Ich weiß nich, ob es jemand mitbekommen hat, aber derzeit findet ein sportliches Großereignis statt. Irgendwas mit Bällen. Also nur falls sich irgendwer über die farbliche Monotonie in Schwarzrotgold an Autospiegeln, Nutellagläsern, Tussenwangen, Handyhüllen, Einmachgläsern, Müllsäcken, Einlegesohlen, Intimfrisuren und allem was sonst noch so monatelang in den Regalen hiesiger Kaufhäuser festklebte, bis jemand auf die grandiose Idee kam, es einfach neu anzupinseln, gewundert hat.
Ja, ich gehöre zur Fraktion der Fahnenmoserer. Ich bekenne mich zum Meckerdeutschen und mecker über Deutschtümelei. Find ich halt undufte.
Aber dies soll überhaupt kein negativer Artikel werden. Trotz Fifa und dem sogenannten Party-Patriotismus gibt es, neben den eigentlichen Spielen, die für eine WM-Vorrunde bisher zum Großteil erstaunlich torreich, vielfach überraschend und sogar überwiegend spannend waren, doch tatsächlich erfreuliches vom Rande dieser Fußball*-Weltmeisterschaft zu berichten.
So zum Beispiel der WM-Song von Deichkind und das Bo. Der eigentlich gar kein WM-Song ist, sondern prinzipiell eher Anti-WM oder zumindest kritisch das gesamte Phänomen auseinanderfriemelt. Ich hab mich jedenfalls gefreut. Als ich jedoch lauthals grölend trällernd damit zum Stiefzwilling hüpfte, schallerte mir ein “Muss denn das sein?!” entgegen. Wobei sich diese nicht überaus empathische Reaktion keineswegs auf die typisch nervigen Deichkind-Beats und Steifzwillings generelle Abneigung gegenüber allem, was auch nur ansatzweise nach Rap riecht bezog. Nein, die Kritik war schon inhaltlich: “Kann man das alles (gemeint war dieses WM-Gedöhns inklusive allem, was mir einfach auf den Keks …ach, das hatten wir ja schon) nicht einfach mal genießen?”
Entgegen meiner sonstigen “spontan erstmal intuitiv gegen Alles”-Natur überdachte ich die Frage tatsächlich eingehend, hörte wieder und wieder in den Song und in mich, sowie meine grundsätzlich ambivalente Haltung zu jenem Massenspektakel und kam letztendlich zu dem Ergebnis:
“Nö! Kann man nicht!”
Ich mag den musikalischen Dämpfer aufs eventnationalistische Getaumel. Ein Feiersong gegen hirnloses Mitfeiern? Ich find’s dufte:
Undufte hingegen, dass das Originalvideo scheinbar schon wieder entfernt wurde. Wer nun erst guckt, verpasst also die singende Fleischwunde von Ewald Lienen, die besten Sportlerfrisuren der 70er, 80er und 90er, Merkelszenen und vieles vieles mehr.
Ebenfalls dufte war es hingegen, gestern die Sendung mit der Maus zu schauen. Auch da ging es selbstverfreilicht um das stets runder werdende Leder.** Wir, also der Stiefzwilling, Quasistieftöchterlein und meine Vielheit, lagen plötzlich kollektiv gackernd unter dem Tisch. Anlass dieses zuckenden Absinkens unter Sofa-Niveau gab eine herrliche Zusammenfassung jeglicher Fussballfloskeln, welche sprichwörtlich umgesetzt wurde. Also kurz: Das Beste Spiel aller Zeiten, quasi:
Wieso gelingt es eigentlich Sendungen wie der Maus, die sich doch ausdrücklich an die definierte Zielgruppe Kind wendet, viel bessere, unterhaltsamere und wissenswerte Beiträge zu produzieren, als so manch “Bildungs”-Sendung für Erwachsene, welche doch (ist eine gewagte Annahme, ich bin mir dessen bewusst: ) bereits gebildeter als so manches Kind sein sollten? Und ist diese Nachbemerkung nicht eigentlich eher eine dritte Fußnote? (aka: Fussnote in Switzer-Fifa-Dütsch)
___
*Funfact: Weil ich mich jahrelang aufregte, warum auf offiziellen Fanartikeln der Fifa immer von “Fussball” und nicht dem grammatikalisch korrektem Fußball die Schreibe ist, fand ich es (eigentlich logisch aber doch) erhellend zu erfahren, dass dies dem Sitz des Höllenvereins in der Schweiz, die nunmal gar kein ß besitzen geschuldet ist.
**Im Ernst, wieso wird jede WM ein noch runderer Ball als in der davor vorgestellt? Wie geht das? Und wann endet das? Machen die den dann irgendwann wieder eckiger und begründen das dann mit besseren Flugphasen oder sonstigem Schmuh?